Wenn man morgens seinen Kopf aus einem Fenster des »Palazzo Gamboni« reckt, denkt man an Heidi. Schuld daran sind die Ziegen, die bimmelnd durch die handtuchschmalen Gassen ziehen und Blumen in den Gärten abzwacken. Ihr heiseres »Iah« passt bestens zu dem alten Gästehaus mit seinen knarzenden Betten, den ausgetretenen Steintreppen, den verwaschenen Fresken. Und nicht zuletzt zur Küche, in der man beim Frühstück neben antiken Kupfertöpfen und -pfannen sitzt. Auf Eseln sind die Männer von Comologno im 18. Jahrhundert ausgezogen, haben als Kaufleute Vermögen gescheffelt und nach ihrer Rückkehr ins Onsernonetal herrschaftliche Anwesen wie dieses zu Füßen einer Felsenklippe gereiht.
Neben dem »Palazzo Gamboni« liegt der private Palazzo della Barca. Der war in den Dreißiger- und Vierzigerjahren Treffpunkt von den Nazis verfemter Maler und Schriftsteller wie Max Ernst, Elias Canetti und Kurt Tucholsky. Um den Ort herum: nichts als Wald und Berge. Wir durchkreuzen und überqueren sie auf ehemaligen Schmugglerpfaden. Anstrengend? Und wie. Aber die Gewissheit, später bei Franco in der »Osteria Al Palazign« ein Gericht aus eigener Jagd bestellen zu können, einen Tessiner Roten dazu, lohnt jeden Tropfen Schweiß.
Palazzo Gamboni, Comologno, Schweiz, Tel. 0041/91/780 60 09, historisches DZ ab 175 Euro, geöffnet 7.4.-31.10.2011.
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