Alle Wellen Venedigs kommen von den Booten. Gäbe es keine, läge die Inselstadt still. Das erzählen jedenfalls die Stadtführer, während ihre Gäste auf der Rialtobrücke stehen. Und dann genießen sie es, wie die Touristen versuchen, sich ein Venedig ohne Wellen und ohne Boote vorzustellen und sich dabei ein bisschen die Fantasie verrenken. In diesem Zusammenhang muss man feststellen, dass heute kaum mehr jemand das Wort »Kaventsmann« benutzt. Dabei ist es hübsch auszusprechen, man kann zum Beispiel sagen: »Das war sooo ein Kaventsmann!«, wenn man von einem Karpfen im Stadtteich erzählt. Der Begriff hat aber auch eine nautische Bedeutung. Wenn Seefahrer von Kaventsmännern sprechen, dann meinen sie furchteinflößende Riesenwellen. Für kleine Wellen gibt es keinen Fachbegriff, vermutlich weil sie niemandem Angst einjagen. Wenn man das Foto mit der Seidenbluse hier betrachtet, käme einem »Seidenwellen« durchaus passend vor. Alle Seidenwellen Venedigs kommen von den Booten – klingt doch gut, oder?
Blaue Lagune
Seefahrer nennen Riesenwellen »Kaventsmänner«. Für kleine Wellen haben sie kein Wort. Warum eigentlich nicht? Unser Autor Max Scharnigg hat eines erfunden.