Möglicherweise ist der Grund für die Doppelpenis-Ausstattung, dass das Sexualleben der Schuppenkriechtiere riskanter, wilder und mehr auf Verschleiß ausgerichtet ist als das des Menschen. Evolutionär gesehen dient der menschliche Penis ja doch eher der Fortpflanzung und nicht in erster Linie dem Zeitvertreib, und da dieser Fortpflanzungsauftrag dann mit eins Komma nochwas Kindern erledigt ist, ist der Penis des menschlichen Kriechtiers natürlich weitaus weniger gefordert als der etwa der schwarzen Mamba. Und Gerechtigkeit ist keine Kategorie der Evolution.
Dennoch bleibt ein Rest des Gefühls, zu kurz gekommen zu sein, oder sagen wir es so: Ein Penis? Da wär' mehr drin gewesen. Das Prinzip des »Doppelt hält besser« übt seit jeher einen Reiz vor allem auf Männer aus. Aus zwei Gründen. Zum einen ist da diese Sicherheitserwägung, eben der Gedanke, noch was Reserve zu haben, falls etwas schief läuft.
Zu beobachten etwa bei Männern, die zum Gürtel auch noch Hosenträger anhaben. Oder bei Fernsehmoderatoren, die zusätzlich zum Teleprompter Karteikarten in der Hand halten. Auch für diese Männer wäre es unter Umständen tröstlich, einen zweiten Penis in Reserve zu haben, für den Fall, dass der erste sie im Stich lässt wie ein ausfallender Teleprompter oder ein sich plötzlich auflösender Hosengürtel.
Die Grenzen sind fließend, aber neben der Sicher-ist-sicher-Erwägung hat das Doppelt-hält-besser-Prinzip natürlich auch noch den Reiz, dass es Überfluss signalisiert: Es waren immer ganz spezielle Westernhelden, die in den einschlägigen Filmen zwei Colts in den Holstern hatten. Nicht die treffsichersten, vielleicht, aber die glamourösesten.
Auch der Jaguar XJ 12 braucht seine zwei je 45,5 Liter fassenden Benzintanks zwar in erster Linie, um mit Sicherheit eine Strecke von über fünzig Kilometern zurücklegen zu können, ohne eine Tankstelle anfahren zu müssen, die zwei Tankdeckel links und rechts des Kofferraums signalisieren aber eben auch: Baby, ich hab reichlich, Sparsamkeit ist mir egal. Ein Signal, das vermutlich auch der Träger eines doppelten Penisses aussenden würde.
Vor vielen Jahren, Anfang des Jahrhunderts, brach sich Dieter Bohlen einmal den Penis, beim Geschlechtsverkehr mit seiner Partnerin Najda abd el Farrag. Es handelte sich um eine Penisruptur, einen Riss im Schwellkörper, vulgo aber eben: »Bohlen bricht sich den Schwanz«, von ihm selber so zusammengefasst in einem Interview-Clip, der in Dauer-Rotation im Grunde die Bekanntheit des damals neuen TV-Formats »TV Total« begründete.
Und nicht nur das: Auch Bohlen kam durch den »Schwanzbruch« – herausragendes Ereignis in seiner Autobiografie vom Oktober 2002, wieder so richtig ins Gespräch, was ideal zu seiner damals neuen Rolle als Juror für »Deutschland sucht den Superstar« ab November 2002 passte. Der Rest ist Geschichte. Hätte Dieter Bohlen nun aber einen Zweitpenis gehabt, wäre der Ruptur vom Erstpenis kein großes Ding gewesen, niemand hätte darüber geredet, Bohlen wäre gepflegt der Versenkung verschwunden, und uns wäre viel erspart geblieben. Insofern also vielleicht doch, liebe Evolution: Im nächsten Paralleluniversum bitte mit Ersatzpenis.
Illustration: Eugenia Loli