Die kanadische Herrenunterwäsche-Firma UNDZ bietet ihren Kunden beim Kauf eines ihrer Produkte für zusätzliche 99 Cent eine Penis-Versicherung über 50.000 Dollar an. Die Versicherung ist ein Jahr lang gültig und wird ausgezahlt bei »vollständigem Verlust des Penis im Zuge eines Unfalls«. Die deutsche Versicherungsindustrie sucht nun nach kanadischem Vorbild neue Wege, um ihre Produkte an den Mann und die Frau zu bringen. Uns wurde das Redemanuskript eines Impulsreferates vom Jahreskongress der Varitas24-Versicherungsgruppe zugespielt:
»Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank für den freundlichen Empfang. Ich sage es direkt: Die Zeiten sind hart, doch wir haben nichts davon. Unsere Branche befindet sich - parallel zum Weltgeschehen - im Niedergang. Viel zu lang haben wir hier bei der Vari-tas24 die krisenfesten Themenfelder Sex, Erotik und Genitalien ignoriert, dabei liegt gerade hier enormes Absatzpotential. Cross-Promotion ist das Stichwort. Lassen Sie mich hier nun einige Ansätze kurz skizzieren:
Aktuell läuft auf RTL wieder der Bachelor, Sie wissen schon, das Format, in dem sich zweiundzwanzig junge Frauen im fairen Wettkampf um die Liebe eines smarten High-Performers befinden. Den Kollegen von der ERGO ist es in diesem Jahr gelungen, einen ihrer Mitarbeiter dort einzuschleusen, Versicherungsfachmann Leonhard Freier hat als Bachelor enormen Einfluss auf das Image unserer Branche. Hier wird der Versicherungsfachmann als romantischer, solider, gleichzeitig viriler Entscheider inszeniert. Während der Bachelor also wöchentlich seinen kleinen Herrn Kaiser in eine willige Blondine schiebt, denken Millionen Zuschauerinnen automatisch an ihren eigenen Versicherungsvertreter. Hier müssen wir weiter ansetzen: Warum nicht mal eine »frivole Versicherungsfachfrau« als Kandidatin bei Bauer sucht Frau? Einen unserer Azubis als Balladen-Heini bei DSDS, als erotische Projektionsfläche für unsere jüngsten Kundinnen?
In einem nächsten Schritt muss das Monopol der sexy Krankenschwestern und geilen Handwerker im Pornofilm durchbrochen werden. Ermuntern wir unsere Mitarbeiter, sich etwa auf Youporn als »abschlussfreudige VersicherungSexperten« zu inszenieren. Wir könnten dies mit zielgerichteter Bannerwerbung flankieren. Es mag ein paar Jahre dauern, bis es der Versicherungsvertreter in den Kanon gängiger Sexfantasien geschafft hat, dann aber dürften gerade die Kollegen im Vertrieb in jeder Hinsicht profitieren.
Und noch etwas, liebe Kolleginnen und Kollegen: Lasst uns den aktuellen SM-Trend nicht verschlafen! In Millionen deutschen Haushalten werden derzeit erste Erfahrungen mit Fesselungstechniken gemacht, gerade Einsteiger dürften ein erhöhtes Bedürfnis nach Absicherung haben. Es gibt ganz klar einen Bedarf an speziellen Unfallpolicen. Denn wie schnell kracht die Gattin ungebremst zu Boden, wenn man nur das Bondage-Hängegeschirr nicht ordentlich in die Decke gedübelt hat? Wie schnell hat man sich mit einer falsch angebrachten Hodenklemme ernsthaft verletzt? Kooperationen mit Erotikläden aber auch mit Baumärkten wären denkbar. Speziell geschultes Personal könnte in der Nähe der Seil- und Kettenabteilungen positioniert werden, um maßgeschneiderte Kombiprodukte anzubieten: Kaufen Sie zehn Meter Seil und erhalten Sie zehn Prozent Rabatt auf unsere fesselnden Unfallversicherungspolicen. Wir drehen Ihnen garantiert keinen Strick draus!
Die Kollegen im Marketing können das gern bei Gelegenheit verfeinern. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.«
Illustration: Sammy Slabbinck