Name: Nico Herzog
Geboren: 15. 09. 1984 in Cottbus
Ausbildung: Ausbildung zum Mediengestalter, Studium der Fotografie an der FH Hannover
Homepage: www.nicoherzog.de
Sie haben in der Ramstein Air Base fotografiert, einem der größten Militär-Stützpunkte der Air Force außerhalb der USA. Wie kommt man überhaupt auf so ein Thema?
In einer Fernseh-Dokumentation habe ich gesehen, dass in Landstuhl in Rheinland-Pfalz zwei Drittel der Bevölkerung Amerikaner sind. Ich dachte, dass sich in einem Ort einiges ändern muss, wenn eine andere Nation in so einer hohen Dichte dort lebt. Anfangs waren es nur kleine Hinweise, ungewöhnlich viele amerikanische Autos auf den Straßen zum Beispiel, aber ich dachte mir, je mehr ich suche, desto mehr finde ich. Also entschied ich mich dazu wieder zu kommen und startete das Projekt.
Kann man die Basis als Normalbürger überhaupt betreten?
Nein, seit dem 11. September ist das komplett abgeriegelt. Als ich eine Hot-Dog-Bude etwa 100 Meter außerhalb der Basis fotografiert habe, fuhr ein amerikanischer Streifenwagen an mir vorbei, die Officer sagten „Sir, please step aside". Ich hab dann einen Bus fotografiert, der Kriegs-Verwundete transportierte, und ab da wurde es schwierig. Ich durfte mich nicht mehr in der Nähe der Basis aufhalten. Also habe ich die Presse-Stelle kontaktiert und bekam von dort alle notwendigen Zugangsberechtigungen.
Worauf haben Sie bei den Fotos besonderen Wert gelegt?
Es handelt sich nicht um eine klassische Reportage, bei der alle Bilder zusammenhängend an einem roten Faden z.B. anhand einer Person eine Geschichte erzählen. Viel mehr wollte ich in essayistischer Erzählform einen Überblick über das gesamte Thema geben, mit starken Einzelbildern, die jeweils einen neuen Aspekt zeigen und dabei keinen unmittelbaren Bezug zum Bild davor oder danach haben. Ich hoffe, die Fotos geben ein Gefühl für das Leben der Amerikaner in Deutschland, abseits der Front.
Die Fotos stammen aus dem Jahr 2008. Wie war damals die Stimmung bezüglich der Kriege in Afghanistan und Irak?
Das war paradox. Auf der einen Seite war da der Soldat, der im Krieg sein Bein verloren hat. Er hat mir erzählt, was im Einsatz passiert ist und dass er zwei Kameraden verloren hat. Auf der anderen Seite aber war dann ein junger Soldat ohne Auslandserfahrung vor seinem ersten Auslandseinsatz, der hellauf begeistert war, in den Irak zu gehen. „Ich bin gut vorbereitet, ich tue das für mein Land und habe keine Familie, Freundin oder Kind, auf die ich Rücksicht nehmen müsste", hat er gesagt. Schon beängstigend.
Der Stützpunkt ist mittlerweile mehr als 50 Jahre in Ramstein. Wie reagiert die Bevölkerung vor Ort, ist die Air Base anerkannt?
Ich habe tatsächlich Leute vor Ort gefragt, wie sie zu den Amerikanern stehen und ob die das gut finden. Keiner hat sich negativ geäußert, die wissen schon, was sie an den US-Soldaten haben. Wenn die Amerikaner abziehen würden, stünden plötzlich jede Menge Wohnungen leer...
..die Soldaten wohnen also nicht alle auf der Basis?
Nein, sie können es sich aussuchen. Die Kasernen sind natürlich nicht so gut ausgestattet wie die Unterkünfte, die privat vermietet werden. Das ist ein Geschäftsmodell für die Deutschen. Es gibt zum Beispiel auch einen KFZ-Mechaniker, der ausschließlich amerikanische Schlitten repariert. Und es ist ja nicht nur die Ramstein Air Base hier im Umkreis: in Landstuhl ist ja auch das größte Militärkrankenhaus, dazu noch mexikanische Restaurants, die es ohne die amerikanische Präsenz hier nicht gebe.
Auf den Fotos sieht man ja, wie versucht wird, den American Way of Life nach Deutschland zu holen. Wie gut gelingt das? Haben Sie sich wie im Ausland gefühlt?
Ich war dort, mal eine Woche, dann wieder zwei, und als ich nach Hause zurückkehrte, hatte ich tatsächlich das Gefühl, nach Deutschland einzureisen. Auch außerhalb der Basis gehen sie oft in irische Bars, wo wiederum mehr Amerikaner sind.
Wollen die Soldaten dann überhaupt noch zurück nach Amerika?
Viele finden es in Deutschland schön, die leben hier weiter, sie haben auch vor Ort deutsche Ehepartner gefunden und geheiratet...
...aber sie gehen doch nur in irische Bars, wo nur Amerikaner sind?
Es gibt ja auch Deutsche, die auf dem Militär-Gelände arbeiten. Die Amerikaner sind nicht völlig isoliert, aber diejenigen, die heiraten und Kinder bekommen, die wollen meist nicht ganz auf den Ami-Standard verzichten: Da muss dann der große Pick-Up und ein dickes Haus her, die Leute laufen mit Cowboyhut rum. Die wollen sich schon ein Stück von ihrem Amerika bewahren.