Name: Kelli ConnellGeboren: 30. März 1974
Ausbildung: Bachelor of Fine Arts in Fotografie an der University of North Texas, Master of Fine Arts in Fotografie an der Texas Woman's University
Homepage: kelliconnell.com
SZ-Magazin: Frau Conell, in Ihren ersten Fotografien sehen Ihre Models aus wie Liebende. Auf späteren Aufnahmen dann auch wie Geschwister oder Freunde. Welches Bild wollten Sie entstehen lassen?
Kelli Connell: Die Bilder sind sozusagen mit mir groß geworden. Genauso mein Model Kiba Jacobsen, die immer beide Figuren auf den Fotos darstellt. Ich habe die ersten Aufnahmen von ihr gemacht, als ich 20 Jahre alt war. Gerade die ersten Bilder wirken deshalb so wie eine Beziehung, die am Anfang steht - eine in der die Charaktere sich erst kennenlernen müssen. Jetzt, da ich 30 bin, haben sich die Ansichten über mich selbst und Beziehungen verändert. Die späteren Fotos wirken deshalb auch wie Szenen aus einer reiferen Beziehung.
Über zehn Jahre lang haben Sie Bilder von ein und derselben Frau gemacht?
Noch als Studentin habe ich Kiba Jacobsen in einem meiner Fotografiekurse an der Uni kennengelernt. Wir kannten uns bereits sieben Jahre lang, bevor wir dann gemeinsam anfingen an Double Life zu arbeiten. Nachdem wir die ersten Probeaufnahmen gemacht haben, wusste ich, dass sie das richtige Model für diese Strecke ist. Sie konnte sich wie ein Chamäleon anpassen. Egal ob sie in eine männliche oder weibliche Rolle schlüpfen musste, es wirkte nie aufgesetzt.
Küsse, Umarmungen, Blickkontakte. Ihre Bilder wirken wie intime Ausschnitte aus dem wirklichen Leben.
Es ist wichtig, dass meine Fotos real wirken, obwohl nie zwei Figuren in einer Szene den gleichen Platz zur gleichen Zeit eingenommen haben. Für jedes Bild, das ich entstehen lasse, verbrauche ich mehr als zwei Filmrollen, allein für die erste Szene. Für die zweite Szene wiederum auch ein bis zwei Filmrollen. Normalerweise stehe ich oder jemand anderes Lichtdouble, um den anderen Charakter zu ergänzen. So hat mein Model jemanden mit dem sie interagieren kann. Gerade deshalb wirkt der Blickkontakt oder die Berührung echt. Nach dem Shooting, entwickle ich die Filme und erstelle Kontaktabzüge. Daraus bastle ich Collagen, um festzustellen welche der Figuren am besten für die Szene zusammenpassen. Anschließend scanne ich die Negative und bearbeite sie im Photoshop, so dass man den »Betrug« nicht mehr bemerkt. Das Wichtigste an meiner Arbeit ist, dass ich es schaffe, während meines Arbeitsprozesses Bilder enstehen zu lassen die einen starken emotionalen Touch haben. In jedem Bild lege ich besonders Wert auf eine bestimmte Atmosphäre, Spannung oder Stimmung, dabei interessiert mich weniger, ob die Bilder digital mit Photoshop bearbeitet wurden. Photoshop erlaubt mir lediglich ein realistisches Bild entstehen zu lassen, dass entweder als eine Beziehung zwischen zwei Menschen verstanden werden kann, oder als Beziehung zwischen multiplen Persönlichkeiten des Ichs. Darin besteht die Schönheit für mich
Jede Szene ist anders: Frau mit Mann. Frau mit Frau. Mann mit Mann. Durch Kleidung und Körpersprache haben die Charaktere immer eine andere Rolle. Was haben Ihre Bilder mit Identität, Geschlechterrollen und Gesellschaft zu tun?
»Double Life« hinterfragt die Rollen die jeder Mensch in Beziehungen mit anderen einnimmt. Gleichzeitig wollte ich die verschiedenen Persönlichkeiten, die jeder in sich trägt, gegenüberstellen. Weil ich immer das gleiche Model fotografiert habe und dabei auf Körpersprache, Mimik und Kleidung geachtet habe, konnte ich die Komplexität der Identität hinterfragen. Meine Arbeit versucht zu ergründen wie sich Beziehungsrollen verändern oder gleich bleiben, wenn zwei Frauen die Rollen beider Partner annehmen. Mich interessiert die Idee, dass Identität nicht starr sondern beweglich ist - und wir Grenzen oder Systeme überwinden können, die uns die Gesellschaft auferlegt hat.
Auf Ihrer Webseite sind nur Bilder der Serie »Double Life« zu finden. Abgesehen davon, was fotografieren Sie noch?
Während ich die Serie »Double Life« entstanden ist, habe ich mit meiner Frau, Betsy Odom, zusammen an einem neuen Projekt gearbeitet. Die Bilder werde ich im Verlauf des Jahres auf meiner Webseite kelliconnell.com veröffentlichen.
Fotos: Kelli Connell