Name: Jakob Ganslmeier
Geburtsdatum: 04.05.1990 in München
Ausbildung: Ostkreuz School of Photography, Berlin
Wohnort: Berlin
Website: http://www.jakobganslmeier.com/
Soldaten mit Posttraumatischen Störungen (PTBS) wurden lange als »Weicheier« verspottet, seit zehn Jahren steigt laut Bundeswehr die Zahl der Erkrankrungen stetig an. Warum?
Jakob Ganslmeier: Weil das Tabu der schwachen Soldaten zunehmend schwindet. Posttraumatische Belastungsstörungen sind zwar ein altes Problem, früher wurde es »Shellshock« oder »Kriegszitterer« genannt, in Deutschland haben sich Soldaten lange Zeit aber nicht getraut, über ihre Krankheit zu sprechen. Das ändert sich gerade: In der Bundeswehr bin ich auf viel Verständnis gestoßen – auch gegenüber Soldaten, die an die Öffentlichkeit gehen. Vor jenen habe ich besonderen Respekt, immerhin beeinträchtigt dieser Schritt ihre Karriere.
War es schwer, Protagonisten für Ihre Fotografien zu finden?
Ich bin über Selbsthilfegruppen und Verbände auf zwei Soldaten gestoßen, die mich kennenlernen wollten. Diese haben mich dann weiterempfohlen. Die Reaktionen waren anfangs sehr unterschiedlich. Manche hatten schon Interviews geführt, andere hatten Vorbehalte.
Wie haben Sie ihnen die Angst genommen?
Mit ganz viel Zeit. Ich habe stundenlang mit den Soldaten gesprochen, Vertrauen aufgebaut. Ich habe sie in ihrem Alltag begleitet – zu Hause und in der Kaserne. Die meisten habe ich oft, manchmal über zehn Mal getroffen.
Was haben die Soldaten erlebt?
Manche haben Kameraden verloren, bei anderen war viel Blut im Spiel. Ich habe aber nie danach gefragt, sondern gewartet, bis sie freiwillig davon erzählen. Manche taten das gar nicht. Ein Militärpfarrer meinte, dass es gar nicht immer darum geht, was die Soldaten Schreckliches erlebt haben. Die Krankheit wird oft schon durch den Dauerstress, der im Lager herrscht, ausgelöst. Mit den Fotos wollte ich zeigen, was der Krieg mit Menschen anrichten kann, wie er krank macht.
Wie wirken sich Posttraumatische Belastungsstörungen auf das Verhalten aus?
Einen traumatisierten Soldaten erkennen Sie nicht auf den ersten Blick. Innere Verletzungen werden ganz anders »sichtbar« als äußere. Manchmal sieht man ihnen die Belastungsstörung an gehetzten Blicken und an der Art, wie sie sich bewegen, an. Viele isolieren sich und suchen ruhige Orte auf, um keine Flashbacks zu erleiden. Andere versuchen, die Krankheit ganz zu unterdrücken. Die Symptome sind sehr unterschiedlich, aber die Soldaten eint der Wunsch, die Erlebnisse zu vergessen und wieder ein geregeltes Leben ohne Angst zu führen.
Fotos: Jakob Ganslmeier