Name: Sameer Raichur
Alter: geboren 1986 in Bangalore, Indien
Wohnort: Bangalore
Ausbildung: Hallmark Institute of Photography, Massachusetts, USA
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SZ-Magazin: Sie haben mittlerweile 18 Hochzeitsautos abgelichtet, 30 sollen es insgesamt werden. Wollen Sie später auch mal mit so einem Wagen zu Ihrer Hochzeit fahren?
Sameer Raichur: Ich denke, dafür bin ich nicht genug Exhibitionist. Und in Bangalore, wo ich wohne, gibt es massive Verkehrsprobleme. Wenn ich da so eine Kutsche mieten würde, würde wohl ein komplettes Verkehrschaos entstehen.
Wie kamen Sie auf die Idee, Hochzeitsautos zu fotografieren? Und warum ohne Brautpaar?
Eigentlich war es Glück. Ich besuchte die Stadt Thiruvannamalai im Süden von Indien für ein anderes Projekt und kam zufällig an dem Ort vorbei, wo diese Autos geparkt waren. Ich war total begeistert, ich hatte so etwas noch nie gesehen. Mich reizte die Idee, sie komplett ohne Menschen und bei Nacht zu fotografieren, denn nur dann sieht man die Lichter. Das schafft ein Gefühl von Einsamkeit, finde ich.
In Deutschland werden die Autos für Hochzeiten auch dekoriert. Die Hochzeitswagen in Indien sind allerdings um Längen prächtiger. Warum ist das so?
Erstmal muss man sagen, dass Indien generell ein sehr bunter Ort ist. Um hervorzustechen muss man also schon etwas übertreiben. Bei Hochzeiten gilt traditionell: viel Licht, viel Dekoration und viele Rüschen. Hochzeiten sind richtig ausschweifende Feste. Ein guter Freund hat mir mal gesagt: Wenn du Beziehungen am Leben erhalten willst, dann besuche die Hochzeit und die Beerdigung anderer Leute.
Können sich nur wohlhabende Paare diese Autos leisten?
Ein einfaches Fahrzeug kann man für um die 4 000 Indische Rupien pro Nacht, also etwa 54 Euro, mieten. Es gibt aber auch sehr aufwändige Autos die bis zu 20 000 Indische Rupien, ungefähr 268 Euro, kosten. Die Hochzeitswagen sind vor allem bei der Mittelschicht beliebt. Die Leute wollen zeigen, dass es ihnen heute besser geht als früher. Sie nutzen ihre Hochzeit, um ihren Status zu zeigen, Teil davon sind auch die Autos.
Wer baut die Brautwägen?
Die Autos werden hauptsächlich in den Orten Thiruvannamalai und Kanchipuram hergestellt. Bestimmt 80 Prozent der Wagen kommen von dort. Es werden fast nur alte Modelle eingekauft, die auch oft verbeult und dementsprechend billig sind. Dann werden die Autos umgebaut und die »Disco«, also die Verzierung mit den Lichtern, angebracht. Man kann sie komplett abnehmen. Wenn die Autos also nicht für eine Hochzeit gemietet sind, können die Besitzer sie normal benutzen.
Vor den Autos wurden in Indien noch verzierte Kutschen als Hochzeitswagen verwendet, eine Tradition die ursprünglich aus der indischen Mythologie kommt. Dort fuhren die Götter in diesen Kutschen, den sogenannten »ratha«. Denken Sie, den Leuten ist der mythologischen Ursprung bewusst?
Ich glaube, die Paare wollen einfach ihre Hochzeit groß in der Stadt verkünden. Und je besser ihr Auto, desto besser der Eindruck, den sie machen. An die Mythologie wird da wohl nicht mehr viel gedacht. Es gibt die Pferdekutschen auch noch, aber hauptsächlich für die Touristen.