Immerwährende kulinarische Rituale liebe ich, neue Inspiration, Herausforderung und Genüsse aber auch. Das Rezept für den Festtagsschmaus Ihrer Kindheit haben Sie hoffentlich irgendwo sicher für kommende Generationen aufbewahrt (und falls Sie doch noch mal einen anderen grandiosen Weihnachtsbraten probieren wollen, kann ich Ihnen mein Kalbskarree ans Herz legen).
Aber noch anregender als die Zubereitung der Klassiker finde ich die Auseinandersetzung mit neuen und ein bisschen überraschenden Festtagsmenüs – gerade auch als belebender Kontrapunkt gegen einen manchmal etwas lähmenden Brei aus unerfreulichen Nachrichten. Als Vorspeise für unser diesjähriges Weihnachtsmenü schlage ich Ihnen deshalb eine Kartoffel mit Kartoffelsauce vor. Die Zubereitung der Kartoffel hat einen Namen: »Pommes Paolo«. Meine Anregung dazu stammt aus einer Online-Werbung für einen virtuellen Kochkurs. Pommes Paolo ähneln allerdings sehr stark »Pommes Anna«, die ich während meiner Kochlehre täglich zubereiten durfte. Nur haben Annakartoffeln die Form einer Blume, und die Paolokartoffel erinnert mich eher an ein dekoratives Schuppentier. Gemeinsam haben sie, außen knusprig, innen buttrig-saftig zu sein – das ist das Wesen all dieser Kartoffelköstlichkeiten.
Neu ist die zart gebundene Kartoffelschalen-Jus, also eine klare Röst-Sauce, die sehr intensiv und rund schmeckt. Keine Idee ohne Inspiration: Manuel Reheis, der Küchenchef des Restaurants Bröding in München erzählte mir von seinen Versuchen mit einer Kartoffeljus. Geröstete Kartoffelschalen schmecken bekanntlich fantastisch, die Herausforderung ist, daraus eine Sauce zu kochen, die sich nicht aus Versehen in Kartoffelbrei verwandelt. Ich denke, meine Version löst das Problem ziemlich gut – und ich bin gespannt auf das nächste Level, wenn Manuel den Ball wieder aufnimmt. So wie ich ihn kenne, findet er vermutlich eine Kartoffelsorte, die sich noch viel besser eignet als die roten Cheyenne, die ich verwende. Falls Sie die perfekte Kartoffelsorte zuerst entdecken: Schreiben Sie mir.
Kartoffelscheiben aus dem Ofen mit Kartoffelschalen-Jus, Morcheln und Feldsalat
In der 4-Personen-Variante für eine kleine Kastenform mit ca. 20 cm Länge und 10 cm Breite (oder bei anderen Maßen mehr oder weniger Kartoffeln)
Zutaten:
- 250 g Butter (oder Butterschmalz oder vegane Butter – keine Angst, den größten Teil davon können Sie hinterher für andere Gerichte weiter verwenden) Butter
- 1 Knoblauchzehe Knoblauch
- 1 Thymianzweig Thymian
- 750 g möglichst gleichmäßig dicke, längliche Kartoffeln ca. 5 cm Durchmesser je 120-140 g – wir haben rotschalige Kartoffeln der Sorte Cheyenne verwendet, die ist festkochend und sehr aromatisch – Linda o.ä. eignen sich mit Sicherheit auch, festkochend oder vorwiegend festkochend sollten sie sein Kartoffel
- 80 g Feldsalat
- 1 EL (Champagner-) Essig Essig
- Salz, Pfeffer Salz
- Für die Kartoffelschalenjus:
- 15 g getrocknete Spitzmorcheln (oder Steinpilze, beide sind nicht ganz günstig – aber hey, es ist Weihnachten, und wir sparen uns den Hummer!) Pilz, Steinpilz
- 1 TL schwarze Pfefferkörner Pfeffer
- 1 Lorbeerblatt Lorbeer
- 2 Selleriestängel Sellerie
- 4 Knoblauchzehen Knoblauch
- 2 Schalotten Schalotte
- 1/2 Karotte Karotte, Möhre
- 1/2 Bund Petersilie
- 6 EL Olivenöl
- 2 EL passierte Tomaten Tomate
- 1 TL Quittengelee
- 75 ml Weißwein Wein
- eine kleine Kastenform ca. 20 cm lang und 10 cm breit (oder bei anderen Maßen mehr oder weniger Kartoffeln) Zubehör
1. Die Butter mit einer leicht gequetschten Knoblauchzehe und einem Thymianzweig sanft köcheln lassen, immer wieder den aufsteigenden Schaum mit einem Löffel abnehmen. Sobald die Butter ganz klar ist, vorsichtig durch ein feines Teesieb gießen, beiseite stellen (wer diesen Schritt überspringen will, kann auch einfach Butterschmalz nehmen).
2. Die Kartoffelschalenjus vorbereiten: Pilze mit 600 ml heißem Wasser übergießen, stehen lassen. Pfefferkörner mit der Breitseite eines großen Messers quetschen. Selleriestängel waschen und in Scheiben schneiden, Knoblauch mit Schalen leicht quetschen, Schalotten schälen und 5 mm groß würfeln, Karotte schälen, längs vierteln und ebenfalls würfeln, Petersilienstiele abschneiden, die Blätter waschen, trockenschleudern und hacken – eher fein.
3. Die Kartoffeln waschen, abtrocknen und schälen, dabei jeweils die Enden abschneiden und so schälen, dass die Kartoffeln dabei noch etwas gleichmäßiger rund werden. Kartoffeln erstmal beiseite legen. Kartoffelschalen mit Olivenöl dunkelgolden braten, ab und zu umrühren. Aus dem Topf nehmen und abtropfen lassen.
4. Das Gemüse mit den Petersilienstielen im heißen Öl goldbraun anbraten. Tomaten und Quittengelee zugeben, Pfeffer und Lorbeerblatt zugeben, mit Weißwein ablöschen, etwas einkochen. Die Pilze aus dem Einweichwasser nehmen, ausdrücken. Das Wasser durch ein feines Teesieb gießen oder durch einen Papier-Teefilter laufen lassen um Sand oder Erdreste zu entfernen. Gefiltertes Wasser mit den Pilzen zum Gemüse geben und 20 Minuten kochen lassen, dann leicht salzen, die Kartoffelschalen zugeben und weitere 7 Minuten sanft köcheln lassen. Den Fond durch ein feines Sieb abgießen, die Morcheln dabei aus dem Gemüse nehmen und in den Fond legen.
5. Backofen auf 220 Grad Umluft vorheizen. Kartoffeln in gleichmäßig dünne Scheiben schneiden – 2-3 mm sind gut, ein Gemüsehobel, zum Beispiel eine Mandoline, wäre hilfreich, aber mit einem scharfen Messer und etwas Geduld geht es auch. Die Kartoffelscheiben waschen, auf einem Geschirrtuch abtrocknen, auch von oben trockentupfen, dann salzen. Zu Türmen aufstapeln, die man quer in die Kastenform legen kann. Jeweils eine Seite der Kartoffeltürme ein paar Millimeter abschneiden, damit die Rolle auf dem Boden der Kastenform sauber aufliegt.
6. Kastenform mit Backpapier auslegen, so dass man damit später die Kartoffeln aus der Form heben kann. Kartoffeltürme sehr eng nebeneinander in die Form legen, mit der Butter begießen, auf der mittleren Schiene im Ofen etwa 45 Minuten goldbraun garen.
7. Feldsalat waschen und trockenschleudern. Kartoffeln aus dem Ofen nehmen, Butterschmalz abgießen und auffangen. Die Kartoffeljus aufkochen, gehackte Petersilie und 3 EL vom Butterschmalz einrühren, mit wenig Essig abschmecken. Kartoffeln vorsichtig auf Teller setzen und mit Feldsalat und Sauce servieren.
Tipp:
Restliche Butter kalt werden lassen und wie Butterschmalz zum Dünsten und Braten verwenden.
Was können Sie vorbereiten?
Die Sauce kann man sehr gut vorbereiten, auch den Salat putzen und die Kartoffeln schneiden und in der Form mit Butter übergießen, dann kalt stellen – dabei den oberen Kartoffelrand mit etwas Butter bepinseln, so dass die Kartoffeln rundum vor Oxidation geschützt sind, in den Kühlschrank stellen. Erst am Abend in den Ofen schieben, die Garzeit verlängert sich um etwa 10 Minuten, denn die Kartoffeln kommen ja kalt aus dem Kühlschrank.