"Bodyguards sind gar nicht so wild"

Interviews mit Menschen, die wir gut finden. Diese Woche: Hubert Ulrich und sein Kampf für die Jamaika-Koalition.

Respekt, Herr Ulrich, um Ihren politischen Willen durchzusetzen, nehmen Sie sogar Morddrohungen in Kauf.
Hubert Ulrich:
Danke, aber die politische Entscheidung für eine Koalition aus CDU, FDP und Grünen im Saarland habe ja nicht ich allein getroffen, sondern ein Parteitag, ganz demokratisch. Dass es daraufhin Morddrohungen geben würde – damit habe ich nicht gerechnet.

Hätten Sie sich sonst anders verhalten?
Nein. Ich lasse mich von so etwas nicht beeindrucken. Das ist eine Art von Auseinandersetzung, die ich verabscheue. Wie erklären Sie sich den Hass?
Da muss man differenzieren zwischen verrückten Menschen, die solche Drohungen aussprechen, und den Menschen, die politisch enttäuscht sind, weil sie lieber Rot-Rot-Grün gehabt hätten.

Wie lebt es sich mit Bodyguards?
Ach, so wild ist das gar nicht. Das kann man sich ja auch nicht aussuchen, das entscheidet die Polizei.

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Was sagt Ihre kleine Tochter?
Die versteht das noch nicht. Die beiden großen Kinder wissen das schon, die beiden kleinen aber nicht. Mein Haus wird überwacht, das ist aber normal für Politiker.

Was haben Sie noch erlebt seit Ihrem Ja zur Jamaika-Koalition?
Ich habe sehr viel Zustimmung erfahren, Menschen, die mich ansprechen und sagen, wie glücklich sie sind über diese Entscheidung. Ich erlebe natürlich auch das Gegenteil, Menschen, die richtig enttäuscht sind. Das nehme ich sehr ernst und versuche zu erklären, warum wir so entschieden haben.

Unterscheidet sich die Diskussion von früheren Selbstzerfleischungen der Fundis und Spontis?
Diese Diskussion geht weit über die Wähler der Grünen hinaus, sie beschäftigt die breite Bevölkerung. Da geht ein Riss quer durch die Gesellschaft. Aber 64 Prozent der Grünen-Wähler bundesweit sind für diese Koalition. Die Entscheidung hat also bei ihnen eine hohe Akzeptanz.

Was antworten Sie Kritikern, die Ihnen vorwerfen, Sie hätten alles verraten, wofür die Grünen stehen?
Wir haben nach der Landtagswahl haargenau das gemacht, was wir im Wahlkampf angekündigt hatten. Wir haben immer gesagt, dass wir für die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen sind, dass wir aber mit allen Parteien Gespräche führen würden, wenn es für die Ampel nicht reicht. Und inhaltlich haben wir uns zweimal nichts vorzuwerfen, weil wir in weiten Teilen das umsetzen konnten, was wir im Wahlkampf gefordert haben. Wir machen hier nicht die Ypsilanti.

Und was ist jetzt grün an Jamaika?
Gerade bei der Umweltpolitik haben wir viel erreicht: Im Saarland wird es kein Kohlegroßkraftwerk geben. Außerdem schaffen wir die Studiengebühren ab, reformieren die Bildungspolitik und stärken den Nichtraucherschutz.

Die Sache war also den ganzen Ärger wert?
Ich würde nicht Politik machen, wenn ich das nicht sagen könnte. 

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Der gelernte Werkzeugmacher und studierte Wirtschaftsingenieur Hubert Ulricht stammt aus Saarlouis und ist seit 27 Jahren Mitglied der Grünen.