Diese Frau ist ein Skandal

Interviews mit Menschen, die wir gut finden. Diese Woche: Nadia Larguet, die erste Frau eines islamischen Landes, die sich als Schwangere für eine Zeitschrift nackt fotografieren ließ.

Respekt, Frau Larguet, Sie sind die erste Frau eines islamischen Landes, die sich als Schwangere für eine Zeitschrift nackt fotografieren ließ.

Nadia Larguet: Und das Foto ist toll geworden! Ganz schlicht und geschmackvoll, so wie ich es mir vorgestellt hatte. Das Bild erinnert stark an die Pose der US-Schauspielerin Demi Moore, die 1991 ganz ähnlich abgelichtet wurde. Ein Zufall?
Natürlich nicht. Als ich dieses Bild in der US-Zeitschrift Vanity Fair zum ersten Mal sah, war mir klar: Das will ich auch mal machen. Mir gefällt diese Art, seiner Schwangerschaft ein Denkmal zu setzen. Und weil ich einige aus der Redaktion der Zeitschrift Femmes du Maroc kenne und man dort, just als ich schwanger war, ein Heft über Mutterschaft plante, hat es nun tatsächlich geklappt.

Wie wurde das Bild in Ihrer Heimat Marokko aufgenommen?
Genau, wie ich es erwartet hatte: Wir leben in einem islamischen Land, sichöffentlich nackt zu zeigen, ist nicht so alltäglich wie im Westen. Das Foto war deshalb eine kleine Revolution, zumal man mich und meinen Mann gut kennt: Ich war lange TV-Moderatorin, er ist oberster Repräsentant des marokkanischen Kinos. In der Presse und im Internet wurde also wild diskutiert: Darf man das? Ist das unzüchtig - oder mutig?

Wie fiel das Votum aus?

Da bin ich auf meine Landsleute wirklich stolz: Die meisten waren begeistert! Vor allem Frauen fanden gut, dass auf diese Weise gezeigt wird: Auch in der arabischen Welt gibt es Frauen, die selbstbewusst sind, zu ihrem Körper stehen. Mir ist klar geworden, dass Marokko toleranter ist, als ich dachte.

Aber es gab doch sicher auch Kritik.

Erstaunlich wenig. Die Zeitungshändler waren vorher nervös, weil sie glaubten, an den Kiosken würde es zu Tumulten kommen. Doch die Leute reagierten total entspannt. Beschimpft wurden wir eigentlich nur im Internet: In Foren wurde uns zum Beispiel vorgeworfen, Pornografie zu verherrlichen. Dabei sieht man nicht mal meine Brüste! Und die Islamisten-Partei PJD kritisierte in einem Zeitungsartikel meinen Mann: Wie er es erlauben könne, dass seine Frau so was macht.

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Wie hat er reagiert?
Der Artikel war ihm natürlich egal. Schon vor dem Fototermin hatte er zu mir gesagt: »Wenn du das willst, dann mach es!«

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Nadia Larguet, 36, war im achten Monat schwanger, als sie für
Femmes du Maroc vor der Kamera stand. Inzwischen hat sie entbunden, Mutter und Sohn Suleimen Alexandre sind wohlauf.