Das sind wirklich keine lustigen Zeiten gerade. Ist es vielleicht deshalb höchste Zeit, mal wieder lustig zu sein? Ausgerechnet die Modewelt scheint das zu glauben. Gucci hat vergangene Woche seine neuen Werbefilme namens »The Beloved Show« veröffentlicht, in der der echte Moderator James Corden echte Stars in einer fiktiven Talkshow empfängt. Harry Styles, der bei der Marke eh schon zum Inventar gehört, ist erstaunlicherweise fast noch die lahmste Episode. Auch im Programm: Serena Williams, die gar nicht aufhören kann, ins Publikum zu winken, Diane Keaton, die sich als Goldkehlchen entpuppt, und Sienna Miller, die den Weg zum Studio nicht findet – diese Werbung ist nicht nur hochkarätig besetzt, sie ist auch tatsächlich ziemlich lustig. Und das ist die eigentliche Nachricht hier.
Die Modebranche ist bekanntermaßen sonst eher spaßbefreit unterwegs. Die Models gucken meist todernst oder sterbensgelangweilt. Interviews mit bekannten Designern sind halbe Staatsangelegenheiten, auch wenn viele von ihnen – off the record – durchaus Spaß verstehen. Doch angesichts der Preise, die für die Kreationen bisweilen aufgerufen werden, ist es vielleicht nur konsequent, dass die Sache bislang sehr ernst genommen wurde.
Zwischen albern und geschmacklos liegt ein schmaler Grat, und wer andere zum Lachen bringen will, sollte zuallererst über sich selbst lachen können
Ausnahmen gab es natürlich. Diesel hatte die Ironie von Anfang an gepachtet und proklamierte schon in den Neunzigern das »Successful Living«, das mit ihren Jeans immer cool, aber eben nur mittelerfolgreich daherkam. Auch die Werbespots für frühe Designerkooperationen von H&M waren nicht nur irre aufwendig gemacht, sie waren vor allem wirklich lustig, Roberto Cavalli als ewiger Partyhengst etwa oder Karl Lagerfeld, der erst Blofeld-mäßig im Verborgenen bleibt und dann zu seiner »Billiglinie« süffisant erklärt: »If you are cheap, nothing helps«.
Aber das war eben der eher erschwingliche Luxus. Je hochpreisiger die Marke, desto unlustiger ging es zu. Oder es ging reichlich daneben. Man erinnere sich an das Video von Dolce & Gabbana vor ein paar Jahren, in der Asiatinnen Pizza und Pasta mit Stäbchen essen sollen. Zwischen albern und geschmacklos liegt ein schmaler Grat, und wer andere zum Lachen bringen will, sollte zuallererst über sich selbst lachen können. Klappt bei den beiden italienischen Gründern bis heute nicht. Das Beste, weil damals komplett unerwartete Gegenbeispiel ist Victim Victoria Beckham, die sich 2008 mit Propellerhütchen auf dem strengen Bob in einer riesigen Marc Jacobs Tüte fotografieren ließ.
In den letzten Jahren haben sich auch einige Luxushäuser merklich lockerer gemacht. Demna Gvasalia schickte bei der Schau »Vetements 2016« zuerst ein DHL-Shirt und später nationale Stereotypen über den Laufsteg. Seine Show-Einladungen für Balenciaga waren bisweilen böse Parabeln auf Telefonumfragen mit Gewinnoption. Gucci bewarb die Uhrenkollektion 2017 auf Instagram mit betont augenzwinkernden Memes unter dem Hashtag #TFWGucci (ThatFeelingWhen… ). Das funktionierte vor allem deshalb so gut, weil die Marketingleute gar nicht erst versucht hatten, selbst die virale Sprache zu kopieren, sondern sich echte Meme-Cracks ins Boot holten. Schadet eben nie, jemanden zu fragen, der sich mit etwas auskennt. Zuletzt arbeitete auch Valentino mit beliebten Meme-Konten zusammen.
Aber warum entdecken die Marken ausgerechnet jetzt ihren Humor? Einerseits vielleicht wirklich, weil sonst alles so schrecklich unlustig ist und jeder dankbar für ein bisschen Ablenkung. In erster Linie aber, weil die junge Generation (geht es eigentlich noch jemals um die alte..?) weniger Respekt vor den Statussymbolen ihrer Elterngeneration hat und im Internet, ihrem natürlichen Habitat, unterhaltsame Inhalte am häufigsten teilt.
Sie lieben Mode, aber sie lieben es offensichtlich auch, sie auf die Schippe zu nehmen. Da wird aus Rihannas gelbem Kleid mit Riesenschleppe bei der Met-Gala 2015 kurzerhand ein Omelette-Meme gebastelt, die neue Prada-Modenschau mit dem Videospiel Sims parodiert oder ein ach-so-heißer Spot für Calvin Klein mit ironischen Einspielern torpediert. Letzteres übrigens von James »Beloved« Corden. Der 42-Jährige gehört mit seinem Carpool-Karaoke und der The Late Late Show schon lange zu den beliebtesten Comedians. Dass aber ausgerechnet der Brite, der nicht unbedingt den lange geltenden Körperidealen der Modewelt zum Gucci-Host avanciert, hätten wahrscheinlich die Wenigsten gedacht. Wobei modisch natürlich nach wie vor seine hochkarätigen Gäste im Vordergrund stehen und die Handtaschen des Hauses satirisch schmerzfrei die komplette Sendezeit ins Bild gerückt werden. Irgendwo hört der Spaß schließlich auf.
Typischer Instagram-Kommentar: »I looooooove!«
Das sagt die Konkurrenz: »Sehr witzig.«
Passende Sendung: »Verstehen Sie Spaß..?«