Sie kennen doch sicher den Sketch von Loriot, in dem er, in einem Zimmer wartend, nur schnell ein Bild gerade rücken will. Dabei fällt ein anderes Bild aus dem Rahmen, er will das korrigieren, stolpert, reißt versehentlich etwas um und am Ende gleicht das Zimmer einem Trümmerfeld. Daran können Sie sehen, wie leicht das Geraderücken von fremden Dingen zu Unheil führt. Generell habe ich mit der Einmischung in fremde Angelegenheiten so meine Probleme. Man weiß nichts über die besonderen Umstände des Falles, viele legen statt objektiver ihre eigenen Maßstäbe an und vor allem steckt hinter der Einmischung oft eine recht unschöne, oberlehrerhaft weltverbessernde Einstellung.
Auch in diesem Fall kann man einwenden, dass Sie weder bei der Bahn angestellt sind noch die Hintergründe kennen und die Angelegenheiten Ihres Sitznachbarn Sie nichts angehen. Doch sehe ich hier einfach eine Grenze überschritten. Jegliche Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass dieser Mann die Bahn betrügt; Sie bemerken das und können es verhindern. Um eines kommen Sie nicht herum: Faktisch solidarisieren Sie sich, je nachdem, ob Sie schweigen oder nicht, mit einer der beiden Seiten. Auch falls Sie Herrn Mehdorn nicht mögen, wieso wollen Sie sich zugunsten eines potenziellen Betrügers entscheiden? Wenn Sie gewahr werden, wie ein Taschendieb ein Portemonnaie stibitzt, sollten Sie auch nicht wegsehen, sondern das Opfer informieren.
Warum dann nicht hier einfach sagen: »Verzeihung, aber Sie saßen doch schon in Freiburg auf diesem Platz?« Widerspricht der Herr, ist es Sache des Kontrolleurs, damit umzugehen. Weist er wider alle Erwartung entrüstet eine Karte bis Mannheim vor, entschuldigen Sie sich. Das alles ist nicht angenehm, aber kein Grund, bei einer Situation, die sehr nach einer Straftat aussieht, zu schweigen und sie damit zu befördern.
Illustration: Jens Bonnke