Prof. Dr. Dirk Bockmühl ist Professor für Hygiene und Mikrobiologie an der Hochschule Rhein-Waal:
»Meine Frau ist Chirurgin. Von ihr habe ich den Spruch: ›Steril bleibt steril, auch wenn es mal zu Boden fiel‹. Meint sie natürlich zum Spaß, denn im OP-Saal geht das natürlich nicht, aber im Alltag kann man diese Regel unter Vorbehalt gebrauchen. Auf einem normalen Hausboden tummeln sich mehrere hundert Bakterien pro Quadratzentimeter. Wobei Boden nicht gleich Boden ist: Ein sauberer Teppich zum Beispiel ist mit seinen Schlaufen und Fusseln sogar weniger kritisch als glatte Böden. Tendenziell lässt sich sagen: Desto mehr Oberflächenkontakt, desto mehr Bakterien werden übertragen. Wem das Essen also aus den Händen gleitet, der sollte versuchen, sich zumindest bis zum Teppich zu retten.
Auch bei Lebensmitteln ist es wichtig zu differenzieren. Bakterien springen und stürzen sich nicht auf jedes Stück Essen, das auf den Boden fällt. Lebensmittel mit hoher Feuchtigkeit allerdings, wie Fleisch, Wurst und Gurke, bieten Bakterien eine höhere Chance bei direktem Kontakt ›hinzuschwimmen‹. Nahrung mit trockener Oberfläche sind für Keime wiederum viel schwerer zu erklimmen.
Neben der Beschaffenheit von Boden und Nahrung spielt tatsächlich auch die Zeit eine Rolle. Erst vor Kurzem haben wir bei einem unserer Experimente herausgefunden, dass drei Sekunden wirklich eine gute Größenordnung sind: Je länger das Lebensmittel auf dem Boden liegt, desto mehr Bakterien werden darauf übertragen. Wer also sein Essen ungefähr nach dieser Zeit nicht aufgehoben hat, der sollte es lieber ganz bleiben lassen. Zusammengefasst kann gesagt werden: Lässt das Kind mal ein Gummibärchen auf den Spielzimmerteppich fallen – und konsumiert das innerhalb drei Sekunden – dann ist das weniger schlimm, als Salami, die länger lag, vom gefliesten Küchenboden zu futtern.«