Martin Klingenspor ist Professor für Molekulare Ernährungsmedizin des Else Kröner Fresenius Zentrums für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München:
»Wir brauchen Energie für verschiedene Körperprozesse, wie Wachstum, Biosynthese oder die Zellatmung. Deshalb führen wir uns täglich über die Ernährung chemische Energie in Form von Makronährstoffen, also Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen, zu. Die, mit unserem Essen aufgenommenen, energiereichen Moleküle wandern durch unseren Darm und durchlaufen Verdauungsprozesse, in denen sie von Enzymen zerlegt werden. Danach werden die freigesetzten Bausteine – Zucker, Fettsäuren und Aminosäuren – über die Darmwand in den Körper transportiert. Sie dienen als Energiequelle für die Bildung von Adenosintriphosphat, das alle möglichen Reaktionen in unserem Körper antreibt, in den Mitochondrien – den Kraftwerken der Zellen. Und sie dienen als Bausteine für die Bildung neuer Proteine, Kohlenhydrate und Lipide, aus denen unsere Zellen bestehen.
Auf Lebensmittelverpackungen ist die Energie in Kilokalorien und in Kilojoule angegeben. Joule ist dabei einfach eine andere Einheit für Energie, mit der wird heutzutage in der Physik vermehrt gerechnet. Eine Kalorie ist umgerechnet ungefähr 4,19 Joule. Es gibt auch eine Faustregel – die sogenannte 4-4-9 Regel – für die Berechnung: vier Kilokalorien pro Gramm Zucker oder Kohlenhydrate, vier Kilokalorien pro Gramm Protein und neun Kilokalorien pro Gramm Fett. Wenn ich also von einem Apfel durch eine chemische Analytik weiß, wie viel Kohlenhydrate, Proteine und Fette in ihm enthalten sind, kann ich die Kalorien pro Gramm ebenfalls angeben. Weiß ich sie nicht, kann ich sie mit dem sogenannten Bombenkalorimeter ermitteln, eine Vorrichtung aus Stahl, in der unter hohem Druck von Sauerstoff dann zum Beispiel ein Gramm Zucker komplett zu CO2 und Wasser verbrannt wird.
Verbrannt wird üblicherweise ein sogenannter Pressling in Pillenform. Das bewirkt, dass das explosionsartig schnelle Verbrennen im Wesentlichen nur an der Oberfläche der Pille erfolgt. Das verhindert, dass unvollständig verbrannte Teile der Probe aus dem Tiegel weggeschleudert werden und an der kalten Wand der Bombe bis unter den Flammpunkt abgekühlt werden und daher nicht vollständig verbrennen. Die dabei freigesetzte Wärme kann man in Kilojoule oder Kalorien messen, dann können wir so ihren Energiegehalt ermitteln. Es wird sicher nicht jedes Lebensmittel aufs Neue im Bombenkalorimeter gemessen, sondern man bezieht sich auf Tabellenwerte für die Inhaltsstoffe, die in der EU-Verordnung stehen.«