Wie bereitet man einen Sauerteig zu?

Ein Sauerteig kann ein Leben lang vor sich hin blubbern. Was es bedeutet, wenn der Teig über- oder untergärt, erklärt ein Experte.

Illustration: Ryan Gillet

Der promovierte Geologe Lutz Geißler betreibt seit 15 Jahren den »Plötzblog« rund um Brotbacken und hat 18 Bücher zum Thema veröffentlicht:

»Ein Sauerteig ist ein bisschen wie ein Haustier: Er braucht Pflege und muss regelmäßig gefüttert werden, damit es ihm gut geht. Um einen Sauerteig anzusetzen, braucht es erst einmal nicht viel. Er besteht in der Regel aus gleichen Teilen Mehl und Wasser, die miteinander vermischt werden. Für einen traditionellen, in Deutschland gängigen Sauerteig eignet sich Roggenvollkornmehl in Bio-Qualität am besten, denn auf der Schale befinden sich Mikroorganismen, die für die Reifung des Sauerteigs wichtig sind. Wer die Möglichkeit hat, Mehl zu Hause selbst zu mahlen, sollte zum ganzen Korn greifen, weil der Sauerteig mit frisch gemahlenem Mehl schneller reift.

Während warmen Sommermonaten kann das Gemisch einfach bei 26 bis 30 Grad auf dem Küchentresen abgedeckt in einem beliebigen, nicht zu großen Gefäß gehen. Ansonsten empfiehlt sich eine Kiste aus Styropor, in der eine Flasche mit warmem Wasser neben dem Anstellgut platziert wird oder der ausgeschaltete Haushaltsofen. Es reicht aber auch aus, es unter die Bettdecke oder auf die Lüftungsschlitze eines Internetrouters zu stellen. Ein warmer Ort findet sich immer. Nach zehn bis zwölf Stunden beginnt das Anstellgut zu wachsen und Bläschen zu bilden. Wenn es nicht mehr größer wird, sondern stagniert oder an Volumen verliert, muss die gleiche Menge Mehl und Wasser erneut hinzugegeben und untergerührt werden. Nach der dritten oder vierten Fütterung kann es eine Phase geben, in der sich länger als 24, manchmal sogar 40 Stunden, gar nichts tut. Dann ist der Sauerteig noch nicht reif. Von einer langen Wartezeit muss man sich aber nicht entmutigen lassen, es braucht nur etwas Geduld.

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Der Vorgang wird wiederholt, bis das Gemisch anfängt, säuerlich zu riechen. Bei einem traditionellen Sauerteig dauert der gesamte Reifevorgang etwa eine Woche. Je nach der Mehlqualität und Temperatur variiert die Dauer. Wenn man es so weit geschafft hat, kann der Sauerteig im Kühlschrank aufbewahrt, ein Leben lang halten. Verweilt der Sauerteig dort allerdings unbeachtet, bildet er keine Bläschen mehr und sackt in sich zusammen. An diesem Punkt ist die Rede von einem abgefressenen oder überreifen Sauerteig. Würde man nun ein Brot mit dem überreifen Sauerteig backen, bräuchte es lange, um aufzugehen und würde sehr säuerlich schmecken. Um der zu starken Reife entgegenzuwirken, muss ein wenig vom Sauerteig abgenommen und erneut mit gleichen Teilen Mehl und Wasser gefüttert werden, bis er wieder den optimalen Reifezustand erreicht hat.

Nicht mehr zu retten ist der Sauerteig eigentlich erst, wenn er beginnt zu schimmeln oder faulig zu riechen. Alkohol- oder Acetongeruch ist dagegen normal und kein Grund zur Sorge. Zudem kann sich oben auf dem Gemisch eine Alkohol- und Säureschicht bilden, diese kann einfach abgegossen und das Anstellgut anschließend weiter gefüttert werden.«