Prof. Dr. Corinna Dawid leitet kommissarisch den Lehrstuhl für »Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik« an der Technischen Universität München und hat die Professur für »Funktionelle Phytometabolomik« inne:
»Ich würde sagen, dass der Einfluss von Milch auf die Schärfewahrnehmung gegeben ist. Eine eindeutige Literatur zu der Thematik gibt es zwar nicht, aber es gibt ansatzweise Andeutungen, dass durch den Fettgehalt der Milch, die Schärfe beeinflusst wird. Je höher der Fettanteil in der Milch, umso besser wirkt diese auch gegen die Schärfe. Eine Vollmilch mit 3,5 Prozent Fett hilft also besser gegen die Schärfe, als Milch mit nur 1,5 Prozent Fett. Eine wissenschaftliche Erklärung hierfür gibt es aber noch nicht. Es gibt aber Literatur dazu, dass Scharfstoffe an die Proteine der Milch nichtkovalent gebunden vorliegen. Sprich: Die Scharfstoffe können sich an die Proteine nicht richtig binden, werden aber von ihnen festgehalten, sodass auch etwas Schärfe verloren gehen kann.
Generell gilt: Jede Pflanze, die scharf schmeckt, enthält unterschiedliche Scharfstoffe. Zum Beispiel sind in schwarzem Pfeffer andere Scharfstoffe enthalten als in Chilischoten. Und diese Scharfstoffe haben auch verschiedene Eigenschaften. Das heißt, sie haben andere Polaritäten. Manche sind mehr fettlöslich und andere sind mehr wasserlöslich. Capsaicin, welches in Chili enthalten ist und Piperin, welches in schwarzem Pfeffer zu finden ist, sind Beispiele für fettlösliche Scharfstoffe. Sie lösen sich nicht in Wasser, aber dafür gut in Fett. Hingegen sind es zum Beispiel die Senföle, in Senf oder Wasabi, die wasserlöslich sind.
Milch kann bei der Linderung von beiden Scharfstoffarten besonders effektiv sein, da ihr Fett- und Proteingehalt dazu beitragen können, das brennende Gefühl im Mund zu mildern. Bei fettlöslichen Scharfstoffen, wie Capsaicin hat Milch eine beruhigende Wirkung. Wasserlösliche Scharfstoffe interagieren ebenfalls gut mit den Proteinen der Milch, weshalb auch da eine Linderung gegeben ist, allerdings gibt es hierzu noch keine Literatur.
Dass Schärfe gelindert wird, wurde auch bei anderen Lebensmitteln beobachtet: Zum Zucker gibt es Studien, dass er Schärfe mildern kann. Außerdem können Proteinhaltiges und Fett Schärfe reduzieren. Denn Scharfstoffe interagieren sowohl mit Proteinen als auch mit Fetten.«