»In vielen Schaufenstern hängt ein ›Fahrräder abstellen verboten‹-Schild. Aber das kann doch nicht der Ladenbesitzer festlegen, oder? Ich kann verstehen, dass es Schaufenster attraktiver macht, wenn sie nicht zugeparkt sind. Aber so einem anmaßend-aggressiven Verbot möchte man sich auf öffentlichem Grund doch auch nicht unterwerfen. Was würden Sie mit Ihrem Fahrrad tun, wenn in der betreffenden Einkaufsstraße der Parkraum knapp ist?« Anonym, per Mail
Sie haben vollkommen recht, dass es nicht in die Befugnis eines Ladenbesitzers fällt, ob Sie Ihr Fahrrad vor seinem Schaufenster abstellen oder nicht. Jedenfalls nicht in einer Einkaufsstraße, die öffentlicher Raum ist. Anders sieht es aus, wenn es sich um ein Privatgrundstück handelt, das betreffende Schaufenster etwa zu einem Supermarkt mit zum Supermarkt gehörenden Vorplatz gehört und so weiter. Aber Sie sprechen ja ausdrücklich von einer Einkaufsstraße. Das Schild des Ladenbesitzers müsste also wahrheitsgemäß lauten: »Bitte stellen Sie Ihr Fahrrad nicht vor meinem Schaufenster ab«. Denn der Ladenbesitzer kann hier nur eine Bitte formulieren. Ein Schild, das den Anschein eines offiziellen Verbots erweckt, ist irreführend und ungültig. Grundsätzlich ist das Abstellen von Fahrrädern laut Straßenverkehrsordnung auf Bürgersteigen nicht verboten, solange Fußgänger, Rollstuhlfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert werden.
Wenn wir uns nun aber in den Besitzer eines Ladens hineinversetzen, kann man ihn doch auch verstehen, oder nicht? Wer guckt denn gern in ein Schaufenster, vor dem lauter Fahrräder stehen? Sie scheinen mir, anders kann ich mir Ihre Frage nicht erklären, Lust darauf zu haben, sich ein bisschen aufzuregen. Sind offenbar auf Krawall gebürstet. Jetzt wissen Sie, dass Sie im Recht sind, wenn Sie Ihr Fahrrad in Zukunft, ein solches Schild selbstbewusst ignorierend, vor Schaufenstern parken. Mit etwas Glück entfernt der Ladenbesitzer Ihr Rad, greift also in Ihr Eigentum ein, dann wäre eventuell Schadenersatz drin. Mit noch mehr Glück beschädigt er es beim Wegtragen, macht sich damit strafbar, und Sie können ihn sogar anzeigen. Aber wäre die Welt nicht netter, wenn wir alle etwas netter zueinander wären?
