Wann ist meine Frage nach der Hautfarbe problematisch?

Ein Leser fragt sich, ob sein Interesse an der Hautfarbe eines jungen Asylbewerbers noch unbedenklich ist. Johanna Adorján versucht, es mit einem Gedankenexperiment verständlich zu machen.

Illustration: Serge Bloch

»Ein Verwandter betreut in Berlin einen jungen farbigen Asylbewerber aus Afrika. Er kümmert sich um dessen Integration, Schule und so weiter. Ich fragte in die Runde, wie dunkelhäutig er denn sei. Nicht, um ihn zu diskriminieren oder zu diskreditieren, sondern einfach weil es mich interessiert hat und ich mir ein Bild von der Person machen wollte. Zu weiteren Fragen, ob er etwa sportlich sei, wie groß er sei, kam ich nicht mehr. Stattdessen wurden mir Fragen gestellt, warum mich das interessiere, was ich daraus für Schlüsse ziehen würde, wenn ich wüsste, wie dunkelhäutig er sei. Dazu muss man wissen, dass ich eigentlich keiner bin, der eine andere Hautfarbe oder Menschen aus anderen Ländern diskriminieren würde.« Günter K., Wangen im Allgäu

Erst mal finde ich es großartig, dass Sie nachfragen. Ich vermute, Sie würden, wie jeder Mensch, am liebsten recht bekommen, also dass Ihnen hier versichert würde, Ihre Familie sei seltsam, und Sie hätten alles richtig gemacht. Ganz so einfach ist es vielleicht nicht. Deswegen, noch mal, gilt zuallererst festzuhalten, wie toll es ist, dass Sie dazulernen wollen, falls Sie folgende Argumente überzeugen werden.

Zunächst zur Begrifflichkeit. Man sagt nicht mehr »farbig«, das ist ein Ausdruck, der zu einer bestimmten Zeit als höflich oder am wenigsten rassistisch galt, aber das ist überholt. Das wäre also zum Beispiel schon mal etwas, das Sie wissen sollten. Der heute gängige Begriff ist »Schwarz«, wie auch immer Sie persönlich das finden. Ansonsten gilt: Rassistisch ist dann etwas, wenn Sie es bei Menschen mit Ihrer Hautfarbe oder Ethnizität nicht zum Thema machen würden. Stellen wir uns vor, Ihr Verwandter würde einen jungen Mann aus alteingesessener bayerischer Familie betreuen, der schulische Probleme hat. Würde Sie da auch interessieren, wie sommersprossig genau dessen Haut ist? Ob er groß und athletisch ist? Wir sind unter uns, geben Sie zu, dass das seltsame Fragen sind, die schon danach klingen, als hätten Sie ein bestimmtes Bild im Kopf.

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Ich glaube Ihnen, dass Sie sich für einen Menschen halten, der niemanden diskriminiert. Aber oft geschieht das eben unbewusst. Es ist nicht selbstverständlich, dass Sie sich mit den eigenen blinden Flecken auseinandersetzen und verstehen wollen, was Sie möglicherweise doch noch an Vorurteilen mit sich tragen, unbewusst, weil Sie damit aufgewachsen sein mögen, wie so viele damit aufgewachsen sind. Aber wir leben jetzt, und das Schöne am Menschen ist ja, dass er sich, so es die Gesundheit erlaubt, bis zum Sterbebett weiterentwickeln und dazulernen kann.