Muss ich auch high sein, um Spaß zu haben?

Die Freundinnen unserer Leserin konsumieren auf dem gemeinsamen Wellnesswochenende Cannabiskekse. Sie selbst möchte dabei aber nicht mitmachen. Soll sie lieber zu Hause bleiben oder das Gekicher ertragen? Unsere Kolumnistin findet einen versöhnlichen Weg.

Illustration: Serge Bloch

»Ich fahre mit drei Freundinnen einmal im Jahr für ein verlängertes Wochenende in ein Wellnesshotel. Dabei werden neuer­dings Cannabiskekse konsumiert, die ich nicht vertrage. Für meine Freundinnen gehört der Konsum zu einem gelungenen Wellnesswochenende, vor allem weil sie das zu Hause wegen der Kinder nicht tun können. Vernünftige Gespräche sind dann nicht mehr möglich, und ich habe mich deswegen letztes Jahr auch ausgeklinkt. Mehr als ein Wochenende im Jahr ist zeitlich und finanziell nicht drin. Wie soll ich mich ver­halten? Fahre ich wieder nicht mit und verliere damit auch ein bisschen den Anschluss, oder beiße ich in den sauren Apfel und sitze drei Abende stumm dabei und höre dem albernen Ge­kicher zu?« Nina B., München

Also, wenn ich das für Sie entscheiden darf, fahren Sie unbedingt mit! Das ist ja im Grunde das gleiche Problem, das jemand, der keinen Alkohol trinkt – oder jedenfalls gerade keinen Alkohol trinkt – ständig hat: Soll man zu Hause bleiben, weil es ab einem gewissen Punkt gar nicht so irrsinnig lustig ist, nüchtern unter Angetrunkenen zu sitzen – oder trotzdem rausgehen, unter Leute, und wer weiß, vielleicht wird’s doch nett? Beziehungsweise man kann ja auch irgendwann einfach gehen. Zum Beispiel dann, wenn sich gerade zum dritten Mal alle hochheilig und etwas zu laut versprechen, sich unbedingt ganz bald zu sehen, obwohl sie genau das in diesem Moment tun. Bei Ihnen sind es halt kein Restaurant und kein Alkohol, sondern ein Wellnesshotel und Hasch­kekse, und ich mag total fehlgeleitet sein oder ein abnormes Menschenbild haben, aber ich finde, Ihre Freundinnen klingen wahnsinnig nett. Allein die Idee, dass zu einem gelungenen Wellnesswochenende Drogen ge­hören. Darauf muss man ja erst einmal kommen!

Ich weiß nicht, ob Sie die dritte Staffel von The White Lotus gesehen haben? Da konnte man sehr gut studieren, wie gefährlich eine Dreier­konstellation bei Freundinnen ist. Kaum ist eine aus dem Zimmer, fangen die anderen beiden an, schlecht über sie zu reden, erst in einem ganz verständnisvollen Ton, aber schon bald kennen sie kein Pardon mehr und werden gnadenlos und kalt. Sie müssen alleine schon mit, um die Harmonie innerhalb der Gruppe zu stabilisieren. Zu viert können sich wenigstens zwei Gruppen bilden, das sorgt für ein ausgewogeneres Kräfteverhältnis, und man weiß ja aus dem Kalten Krieg, dass das Wunder wirkt. Vielleicht könnten Sie auf einem Einzelzimmer bestehen, in das Sie sich mit guten Büchern zurückziehen können, sobald die Kekse richtig doll wirken. Das wäre mein Rat.