Kann ich die geplante USA-Reise buchen - trotz Trump?

Unsere Leserin hat ihrem Neffen einen Trip nach New York versprochen - vor Trumps Wiederwahl. Jetzt gehören die USA boykottiert, findet sie. Sollte sie die Reise absagen? Unsere Kolumnistin ist entschieden.

Illustration: Serge Bloch

»Ich habe meinem Neffen – lange bevor Trump wieder­gewählt wurde – versprochen, nach den Abiturprüfungen mit ihm durch die USA zu reisen. Mittlerweile haben wir die Reise auf New York reduziert, aber es geht gegen mein politisches und moralisches Gewissen, in ein Land zu fliegen,das eigentlich boykottiert gehört. Soll ich ein Fass aufmachen und meinen Neffen mit meinen ethischen Prinzipien unter Druck setzen, ein anderes Reiseziel vorschlagen (was er sowieso ablehnen wird) oder die Reise buchen und einfach meinen Mund halten?« Ilona K., Köln

Aus Ihrer Frage klingt heraus, dass Ihr Neffe gerne nach New York will. Vermutlich wäre es sein erstes Mal, und ich würde behaupten wollen, das erste Mal New York vergisst man noch weniger als das erste Mal Sex. Sein Leben lang wird er sich daran erinnern, wie er sich fühlte, als er zum ersten Mal diese Skyline sah. Die leichte Aufregung, die einen da ergreift … Und er wird für immer wissen, dass er damals mit seiner Tante dort war. Das ist ein wunderschönes Geschenk, um das Sie sich beide nicht bringen sollten.

Und das ist auch schon die Antwort: Fahren Sie unbedingt nach New York! Es wäre doch sehr schade, wenn Ihr Neffe sich nicht selbst einen Eindruck verschaffen könnte von einem Land, das gerade einen beängsti­genden politischen Wandel durchmacht. Darin liegt auch eine großartige Chance, ihm vor Ort alles zu erklären. Es wird allerdings recht abstrakt bleiben: Ich war gerade erst dort und kann berichten, dass man in New York von Trump II überhaupt nichts mitbekommt, jedenfalls nicht als Besucher. Nach der Pandemie brummt die Stadt jetzt wieder, es haben lauter neue Läden aufgemacht, man läuft ständig an noch grö­ßeren, schickeren Flagship-Stores vorbei, die einen anschreien, etwas zu kaufen. Auf einen noch verbleibenden Buchladen kommen gefühlt sechzig neue Sneaker-Läden. Immerhin sind an die riesigen, teils ganze Stockwerke füllenden Museumsshops tatsächlich noch Museen angeschlossen, darunter mit die besten der Welt. Und die Frick Collection hat auch endlich wieder auf.

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Wenn es Sie reißt, können Sie ja vor dem Trump Tower protestieren, womit Sie aller­dings, anders als bei dessen erster Amtszeit, relativ alleine wären. Und danach setzen Sie sich mit Ihrem Neffen in ein Café, na gut, in einen Starbucks, und freuen sich, dass Sie in dieser unfassbar teuren, harten, schönen Stadt nur zu Besuch sind.