Ich war auf Geschäftsreise im »Hotel Grand Amour«, allein, das muss ich vorwegschicken. Ein Hotel mit so einem Namen weckt natürlich Erwartungen. Meine große Liebe hütete zu Hause unser Kind, also habe ich mich am Abend selbst ins Hotelrestaurant ausgeführt, das an diesem Mittwoch ein Gast-Koch aus Skandinavien bespielte.
Da saß ich also zwischen Paaren und Freundeskreisen im Innenhof des Hotels, der eng und gemütlich ist und einem das Gefühl vermittelt, mittendrin zu sein im aufziehenden Nachtleben von Paris. Das ist kein Zufall, einer der Mitbegründer des Hotels, der Künstler André Saraiva, gilt als einer der größten Partylöwen der Stadt. Und so ist auch die Stimmung im »Hotel Grand Amour«: Auf dem Zimmer läuft französischer Elektropop, an der Bar klirren die Gläser, gefühlt alle Gäste sehen entweder gut aus, sind gut angezogen oder sogar beides (während der Modewoche verwandelt sich das Hotel im Grunde in einen Club), die Einrichtung ist wohltuend chaotisch, klassische Pariser Restaurantarchitektur mischt sich mit experimentellen Lampen und Second-hand-Funden, an den Wänden hängen Fotografien von Guy Bourdin und Helmut Newton. Viele Wände und Decken sind verspiegelt – neben der Ausleg-ware mit Penis- und Vulvamotiven eine weitere Reminisenz an das Bordell, das hier früher residierte. Ich muss am nächsten Morgen zeitig raus und die elektrisierende Partystimmung viel zu früh hinter mir lassen. Das nächste Mal komme ich an einem Wochenende – und in Begleitung.
Hotel Grand Amour
18 Rue de la Fidélité, 75010 Paris,
Frankreich
Tel. 0033/1 /44 16 03 30
DZ ab 153 Euro/Nacht