Das Wort »geschichtsträchtig« will man in keiner Reiseempfehlung mehr lesen. Zu viele Hotels versuchen, ihr altes Gebälk als historisch bedeutsam zu vermarkten. Im »Hotel Europe« in Sarajevo allerdings ist Geschichtsträchtigkeit keine Marketingstrategie, eher etwas, womit man einfach umgehen muss. Drei Kriege, den Sturz von Monarchie und Sozialismus haben diese Wände bezeugt. Die Geschichte des 1882 erbauten Hotels ist untrennbar mit der Geschichte Sarajevos als multiethnischer und multireligiöser Stadt verknüpft.
Das sehen die Gäste auch: Im hoteleigenen »Wiener Café« beleuchten Kronleuchter hölzerne Zeitungsständer aus der k. u. k. Monarchie, es wird Sachertorte gereicht, zur Terrasse führt ein Steg über die Grundmauern einer osmanischen Karawanserei. 150 Meter vom Eingang entfernt erschoss Gavrilo Princip 1914 den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand. Von den oberen Stockwerken blickt man über die Hügel, auf denen sich in den Neunzigerjahren bosnisch-serbische Scharfschützen verschanzten. 1425 Tage dauerte ihre Belagerung von Sarajevo. Heute trinken Einheimische und Fremde zusammen im Schatten der Cafés bosnischen Kaffee.
Aber ein bisschen trachtet die Geschichte dieser Stadt im »Hotel Europe« doch nach einem. Bis man aufs Zimmer kommt. Da ist es, als hätte jemand die Pausetaste gedrückt: nachtblauer Teppich, sanftes Licht, gemütliches, in Erdtönen gehaltenes Mobiliar. Von den Räumen geht eine unerschütterliche, zeitlose Ruhe aus.
Hotel Europe
Vladislava Skarića 5, 71000 Sarajevo, Bosnien und Herzegowina
Tel. 00387/33/58 04 00
DZ ab 85 Euro