Die Zeit im Blick

Mittlerweile trägt man in der Hosentasche jederzeit eine Kamera mit sich - und zückt sie ständig. Dabei dienen Fotokameras nur der Reproduktion längst vergangener Momente. Wie Uhren, meint unser Autor.

Die Zeit im Blick: »Power Nature«-Uhren aus der Serie »Swatch X You« von Swatch.

Foto: Moos-Tang

Wenn man auf einer Party mit lauter Fotografen für Schwung sorgen möchte (und wer möchte das nicht gelegentlich?), könnte man ans Mikrofon treten und mit Grabesstimme sagen: »Was die Fotografie endlos reproduziert, hat nur einmal stattgefunden: Sie wiederholt mechanisch, was sich existenziell nie mehr wird wiederholen können.« Danach müsste man stumm anklagend eine Minute lang in die erstarrte Runde blicken und dann laut rufen: »Nee, war nur Quatsch! Weitermachen!« Wetten, dass alle erleichtert johlen und sich in den Armen liegen würden? Der ernste Satz stammt übrigens, wie die meisten ernsten Sätze, von Roland Barthes. Und angesichts dieses Fotos fällt einem noch auf, dass Uhren ja auch ständig mechanisch wiederholen, was sich existenziell nie wiederholen wird. Immer wieder zeigen sie vier Uhr am Nachmittag, und doch gleicht keiner dieser Nachmittage so ganz einem anderen. Ist das nun gut oder schlecht? Steht sicher auch bei Barthes.