Klare Sache: Das beste Unterhaltungsangebot einer Stadt sind die anderen Leutchen, die da wohnen. Man kann ihnen stundenlang zusehen, wie sie so rumwuseln und Menschendinge machen, zum Beispiel Geldautomaten beschimpfen. Etwas anders liegt die Sache mit denen, die einem gegenüber wohnen. Mit denen man vis-à-vis und parallel, etwa im dritten Stock, über der Straße schwebt. Diese Leute kennt man auch meistens nur vom Sehen, das aber sehr gut. Man weiß, wann sie schlafen gehen und in welcher modischen Verfassung sie morgens den Rollladen aufziehen, ob sie seit Jahren mit der Renovierungs-Glühbirne an der Decke leben oder noch ganz andere Laster haben. Das ist okay, denn die Beobachtung erfolgt ja gegenseitig, und wer hat schon immer rechtzeitig den Vorhang zu? Eigentlich wäre es nett, wenn man diesen Alltagsvoyeurismus nutzte, um sich nonverbal zu unterhalten – mit wechselnden Fensterdekorationen als Botschaften. Neue Handtasche in der Jalousie bedeutet dann etwa: Schau, läuft bei mir!
Stille Nachbarschaftspost
Das Verhältnis zu den Nachbarn vom Haus gegenüber ist distanziert und intim zugleich: Man kennt ihre Eigenheiten ohne je mit ihnen gesprochen zu haben. Höchste Zeit, diese Form der nonverbalen Kommunikation zu nutzen.