Warten auf Wantan

Die Zeit zu überbrücken, bis das online bestellte Essen kommt, ist schwer. Über die langen Minuten, in denen sich zeigt, wie fragil die bürgerliche Existenz ist.

Gut gewachsen: Stuhl »Crono« von Flexform, gesehen bei Böhmler.

Foto: Sarah Fürbringer

Eine moderne Zeitspanne ist das Warten auf Essen, das man online bestellt hat. Es unterscheidet sich vom Warten in einem Restaurant. Denn da sieht man an den anderen Tischen, dass Kellner und Köche ihrer Arbeit nachgehen, und kann sich Hoffnung machen, auch etwas zu bekommen. Bei Adressen wie »Asia Express 2000« oder der »Pizza-Polizei« hat man diese Gewissheit nicht. Nachdem man dort mit Heißhunger bestellt hat, beginnt eine universale Unsicherheit, an der Samuel Beckett Freude gehabt hätte: Warten auf Wantan! Ist man Pizzapiraten aufgesessen, hat sich der ­Essensbote verfahren, ist die Bestellung angekommen, dauert es zwanzig Minuten oder zwei Stunden? Man weiß es nicht. Die Wartezeit sinnvoll zu überbrücken fällt schwer. Statt­dessen steht man am Fenster und hält Ausschau nach seinen motorisierten Artischocken. Oder sitzt im besten Stuhl und denkt an die Currygerichte seines Lebens. Die Standuhr tickt unheilvoll. Warten auf bestelltes Essen macht deutlich, wie fragil unsere bürgerliche Existenz ist.