Ein Gedicht von Rilke beginnt so: »Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. / Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.« Es geht dann noch ein bisschen majestätisch weiter, das mit dem Leben in Ringen ist ehrlich gesagt schon das Beste. Auch wenn Rilke hier vielleicht nicht an Turnunterricht gedacht hat, erinnert es doch daran. An die epischen Minuten im Sportunterricht, an denen man vor versammelter Klasse an den Ringen hing und in dieser unnatürlichen Situation noch irgendwas machen sollte. Da hatte man auch die deutliche Ahnung, dass man es nicht vollbringen würde. Was ist das überhaupt für eine Idee, ausgerechnet in der Schule immer gegen das Naturgesetz der Schwerkraft ankämpfen zu müssen? Die gewinnt doch immer. Zum Glück lernt man nach der Schule bald die wirklich lebenswichtigen Ringe kennen: Augenringe, Dichtungsringe, Rettungsringe. Und natürlich solche, die klein und aus Gold sind.
Gegen die Schwerkraft
Wer erinnert sich nicht an dieses Gefühl, als man in der Schule vor den Augen aller vorturnen musste – und nur scheitern konnte? Zum Glück spielten bald danach andere Ringe eine Rolle.