Rothaut

Max Scharnigg über Glanzstoffe, Perlon und den Farbstoff Türkischrot, der einst aus Rinderblut und Kuhdung hergestellt wurde.

Mit einem Mann sollte eine Frau nie Kunstseide tragen, so liest man bei Irmgard Keun, denn: »die zerknautscht dann so schnell«. Wer möchte das in Abrede stellen? Ausgenommen waren für Keuns traurige Heldin Doris aber Nachthemden aus Bembergseide, das Stück zu zehn Mark und schon deswegen fast so gut wie echte Seide. Wenn man weiter durchs Archiv schnüffelt, was es mit dieser Bembergseide auf sich hatte, erfährt man neben allerlei Details zum Thema Glanzstoffe und den Vorteilen des Perlon, dass der ursprüngliche Herr Bemberg im Jahre 1792 als Inhaber einer Türkischrot-Färberei begonnen hat. Türkischrot wurde aus Kuhdung, Rinderblut und einer Pflanze namens Krapp zusammengebraut. Die Wissenschaft hat später festgestellt, dass Kuhdung und Rinderblut eigentlich unnötig waren. Ha! Die Menschheitsgeschichte ist wie ein Fonduetopf, in dem die unglaublichsten Dinge aufwallen, wenn man kurz darin herumrührt. Türkischrot! Passt auch zu diesen Schuhen, die die Keun bestimmt angezogen hätte.

Macht Beine: Stiefelette von Salvatore Ferragamo. Foto: Martin Fengel

Foto: Martin Fengel