Die Evolution hat dem Mann nicht immer nur Glück gebracht. Sie hat ihm sinnlose Brustwarzen geschenkt, aber den Penisknochen genommen. Jenen auch »Os Penis« oder »Baculum« genannten Knochen, der bei bemerkenswert vielen Säugetieren und sogar bei unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen, für verlässliche und lang anhaltende Erektionen sorgt. Bei Bedarf schiebt sich der Penisknochen einfach aus dem Bauchraum in den Bären-, Igel- oder Fledermauspimmel und los geht die wilde Sause! Der Mensch dagegen ist ohne Penisknochen auf störanfällige Hydraulik angewiesen und muss zwischen zwei Akten wenigstens kurz pausieren, während der Löwe munter sein ganzes Löwenrudel hintereinander weg begatten kann, bis zu vierzig Mal am Tag.
Doch wer trägt die Schuld an dieser evolutionären Entwicklung? Die Wissenschaft hat darauf noch keine eindeutige Antwort. Zwei Tätergruppen kommen hier jedoch in Frage, denen traditionell fast jedes Übel auf der Welt in die Schuhe geschoben werden kann: die Frauen und die Pharmaindustrie.
Zunächst zu den Frauen. Die immer mit ihrer bescheuerten Romantik! Die auf Vorspielgedöns bestehen und – anders als etwa Löwenweibchen – Sex bevorzugen, der länger als ein paar Sekunden dauert. Die im Lauf der Jahrtausende zu dem Schluss gekommen sind, dass es besser ist, sich nicht von jedem x-beliebigen Kerl ein Kind machen zu lassen, sondern eine mehr auf Qualität denn auf Quantität sowie auf Monogamie ausgelegte Fortpflanzungsstrategie zu entwickeln. Evolutionsforscher gehen davon aus, dass Frauen eine knochenlos herbeigeführte Erektion als Zeichen von Kraft, Gesundheit und Bindungswillen interpretieren und so eher zu Sex bereit sind. Mit Knochenständer kann schließlich jeder! Dieses Selektionsmerkmal könnte über die Zeit zu einer Verkürzung und schließlich zum totalen Wegfall des Penisknochens geführt haben.
In diesem Zusammenhang wäre auch eine Neuinterpretation der Genesis denkbar: Könnte Eva möglicherweise nicht aus Adams Rippe sondern aus seinem Penisknochen geformt worden sein? Und liegt hier vielleicht der wahre Grund für die reichlich frauenfeindliche Interpretation der »Erbsünde«, wonach vor allem die dusslige Eva Schuld trägt an der Vertreibung aus dem Paradies und nun zur Strafe »unter Schmerzen gebären muss«? Ist diese Lesart die jahrhundertealte Rache männlicher Theologen für den Verlust des Penisknochens?
Nur für den Fall, dass am Ende doch nicht die Frauen schuld sind am knochenlosen Penis gäbe es noch einen zweiten möglichen Tatverdächtigen: die Pharmaindustrie! Diese nur an ihrem Profit interessierte Mafia, der noch jedes Mittel Recht war, um die Menschheit zu unterdrücken! Die den Männerschnupfen und die Sportverletzung erfunden hat, um noch mehr Aspirin Complex und Wärmepflaster zu verkaufen! Der Pharmaindustrie ist wirklich alles zuzutrauen, auch der Bau einer Zeitmaschine, mit der durch und durch korrupte Wissenschaftler zweieinhalb Millionen Jahre zurück an den Beginn des Pleistozäns gereist sind, um den ersten Exemplaren der Gattung Homo penisknochenzersetzende Mittel zu verabreichen. Um dann, zurück im Anthropozän, Viagra auf den Markt werfen und sich daran dumm und dämlich verdienen zu können.
Illustration: Sammy Slabbinck