Name: Jan Lieske
Geboren: 01.07.1976
Ausbildung: Studium „Reportage und Dokumentarfotografie" an der FH Hannover
Website: www.janlieske.com
SZ-Magazin: Herr Lieske, es scheint, jedem einzelnen Ihrer Porträtierten sei die Sorge ins Gesicht gemeißelt.
Jan Lieske: Das liegt vielleicht daran, dass ich während des Fotografierens jeden darum gebeten habe, sich an die Zeit der Privatinsolvenz zurückzuerinnern. Ich habe die Leute gefragt, wo ihr Lieblingsort sei. Der Ort, an dem sie am besten abschalten können. Dort sind wir dann hingefahren.
Wie sind Sie überhaupt auf das Thema Privatinsolvenz gekommen?
In Hannover war ich über die Caritas an einem Fotoprojekt für Obdachlose beteiligt. Dort habe ich dann einen Dokumentarfilmer kennengelernt, der einen Film über die Schuldnerberatung drehen wollte. Wir überlegten uns, ob es nicht sinnvoll wäre zweigleisig zu fahren. Daraus ist dann die Serie „Personal Bankruptcy" entstanden.
Eine Privatinsolvenz hängt man zumeist nicht an die große Glocke. Wie haben die Leute auf Ihre Fotoserie reagiert?
Im Vorfeld habe ich viele Gespräche mit dem örtlichen Schuldnerberater der Caritas geführt. Er hat die Leute dann gefragt, ob sie mitmachen wollen. Erstaunlich viele waren der Fotoserie gegenüber offen und haben eingewilligt, mich und meine Idee kennenzulernen.
Welche persönliche Geschichte hat Sie am meisten berührt?
Der Mann mit der Nähmaschine war ursprünglich Fernfahrer. Während einer Tour hatte er einen schweren Herzinfarkt. Danach war er berufsunfähig und wurde arbeitslos. Nach und nach verlor er alles. Als er seine Wohnung nicht mehr bezahlen konnte, ist er ins Männerasyl gegangen. Er hat mir gesagt, wenn die Beratung nicht gewesen wäre, würde er heute nicht mehr leben. Das war ein Mann, der ursprünglich mitten im Leben stand und dann fast ins Bodenlose gefallen ist. Das Foto ist vor der Nähmaschine entstanden, weil er gerne Dinge repariert. Ganz besonders gerne Kleidung.
Fotos: Jan Lieske