Name: Photographer Hal
Geboren: 1971 in Tokio, Japan
Ausbildung: Autodidakt
Homepage: www.photographerhal.com
SZ-Magazin: Photographer Hal, wie reagieren zwei Menschen, denen Sie vorschlagen, sie gemeinsam in eine luftdichte Tüte einzuschweißen?
Photographer Hal: Am Anfang halten die meisten meine Idee für abwegig und schauen einfach durch mich hindurch. Dann unternehme ich einen Erklärungsversuch: Denn wer sich vorstellen kann, seinen Partner zu umarmen und am liebsten mit ihm verschmelzen zu wollen, der wird schnell neugierig.
Wie kamen Sie auf die Vakuumbeutel?
In meinen vorherigen Projekten "Pinky & Killer" und "Couple Jam" habe ich Paare bereits in Hotels und Badewannen abgelichtet. Danach wollte ich den Raum durch einen Alltagsgegenstand noch mehr verdichten. Dann fiel mir der Vakuumbeutel, der normalerweise zum Komprimieren von Bettzeug benutzt wird, ein.
Wie sind Sie auf die Paare für "Fresh Love" gestoßen?
Ich habe mich in Tokios Rotlicht- und Ausgehbezirke Kabukicho und dem Bahnhofsviertel Shinjuku nach Modellen umgeschaut. Auch in den Untergrundbars von Shibuya trifft man auf interessante Nachtschwärmer.
Wer sind diese Menschen?
Das waren Musiker, Tänzer aber auch Stripperinnen. Leute aus der Arbeiterschicht, Restaurantleiter, Fotografen, Geschäftsmänner und -frauen oder Arbeitslose. Die Paare variierten aber auch in sich: Ich hatte Alt und Jung vor der Kamera, Homosexuelle, Menschen unterschiedlicher Ethnie und Herkunft.
Und wenn es ans Fotografieren ging, fiel irgendwann die Frage: Zu mir oder zu dir?
Immer zu mir (lacht)! Das Set habe ich in meiner Küche aufgebaut - als Beleuchtung genügte das Deckenlicht. Und in der Ecke stehen einige Rollen mit buntem Hintergrundpapier.
Wie lange konnten Sie fotografieren, bis den Paaren die Luft ausging?
Von dem Moment an, in dem die beiden in der Tüte lagen und der Staubsauger die letzte Luft hinaussaugte, blieben mir 10 Sekunden zum Abdrücken. 5 weitere um die Tüte wieder zu öffnen. Mehr als zwei Aufnahmen waren unmöglich.
Und wenn etwas schiefging?
War ich vorbereitet. Eine Schere, tragbare Sauerstoffversorgung und ein Eisbeutel waren immer in greifbarer Nähe. Viele hatten anfangs Respekt vor dem Shooting aber nach dem ersten Durchgang genossen sie es alle.
Also liefen die Aufnahmen immer problemlos ab?
Technisch ja, nur zwischenmenschlich wurde es manchmal hitzig (lacht). Vereinzelt stritten sich meine Protagonisten während des Shootings oder hatten bis zum Fototermin bereits Schluss gemacht. Einmal musste ich, um die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Bilder einzuholen, ein ehemaliges Model im Gefängnis besuchen. Aber das sind Extreme. Neulich hat mir ein Paar geschrieben, dass sie heiraten werden.
Haben Sie nachgefragt, wie es sich anfühlt, in Plastik eingeschlossen zu sein?
Ich habe es selbst ausprobiert und die Angst, die ich gefühlt habe, hat mich fast überwältigt. Je häufiger ein Shooting wiederholt wird, desto fester wird der Druck des Vakuums. Doch genau an diesem Punkt fangen die Körper an zu verschmelzen: Durch die Unebenheit der Körperteile und ihrer Kurven schaffen sie eine neue, gemeinsame Form - sie werden eins.
Einige wirken, als würden sie kämpfen, schlafen oder sich lieben - sind nackt oder auf extreme Weise angezogen. Waren das Ihre Ideen?
Alle Entscheidungen lagen bei meinen Modellen.
Liebe nimmt die Luft zum Atmen, lässt uns eng zusammenwachsen und setzt uns dem anderen schonungslos aus. In Ihre Arbeit lässt sich viel hineininterpretieren. Was wollten Sie ausdrücken?
Nach dem desaströsen Erdbeben hatte Japan ein schweres Jahr. Das hat die Menschen näher zusammenrücken lassen. Im Anblick der eingeschweißten Paare, können wir uns eine friedvollere Welt vorstellen. "Fresh Love" soll zeigen, wie wichtig es ist, jemanden zu haben, mit dem man sich verbunden fühlt.