Koreanisch fermentiertes Giersch-Zangazi

Raus aus dem Blumenbeet, rein ins Glas: Für viele ist Giersch ein lästiges Unkraut. Dabei lässt sich aus den Blättern der Pflanze etwas Köstliches fermentieren. Das beweist dieses Giersch-Zangazi-Rezept von Köchin Jinok Kim-Eicken aus dem Berliner Restaurant »Nanum«.

In diesen Gläsern fermentieren Gierschblätter ihrer kulinarischen Vollendung entgegen.

Text, Foto & Video: Hans Gerlach

Giersch ist ein sehr frohwüchsiges Kraut im Garten – seit Jahren versuche ich mich dem Giersch anzunähern. Ich esse ihn auf, dadurch kann ich seine hydrahafte Unsterblichkeit besser akzeptieren: Für jedes Blatt in meinem Salat wachsen im Blumenbeet drei neue nach. Die zarten Gierschblättchen im Salat sind gut, gedünstet gehen die Blätter in Richtung Spinat. Aber die Saison ist kurz. Ziemlich schnell werden die Blätter groß und ledrig – nicht mehr gut. Es gibt andere Wildkräuter, die mich bisher mehr begeistert hatten, etwa Vogelmiere, Löwenzahn oder wilde Kresse.

Doch kürzlich habe ich im koreanischen Restaurant »Nanum« gegenüber vom Jüdischen Museum in Berlin wirklich fantastisch fermentierten Giersch probiert. Das »Nanum« ist ein inspirierender Ort mit herausragendem Essen auf von der Chefin kunstvoll getöpferter Keramik, zu moderaten Preisen – meine Kollegen von der SZ haben hier schon darüber berichtet. Ich fragte Jinok Kim-Eicken nach ihrem Rezept für den Giersch und hier ist es. Kim-Eicken verwendet für die Marinade einen ebenfalls selber fermentierten Quitten-Sirup, den kann ich natürlich erst im Herbst ansetzen. Für den ersten Versuch habe ich deshalb Ahornsirup verwendet. Den hält Kim-Eicken für vertretbar. In ihrem Restaurant kultiviert sie die koreanische Tradition der Zangazis. Das sind fermentierte Blätter, Zwiebeln, Blüten und Stängel von Pflanzen – mehr oder weniger wild –, oft aus dem eigenen Garten (zur Zangazi-Fermentation gibt Kim-Eicken demnächst einen Workshop).

Zangazis schmecken komplexer als Sauerkraut, offensichtlich spielt nicht nur die Milchsäurefermentation eine Rolle. Beim Nachkochen hatte ich Probleme mit den Mengenverhältnissen: Im Originalrezept sind es 500 Gramm Giersch – das ist sehr viel, und 400 Milliliter Marinade – das ist sehr wenig. Kann gut sein, dass in einem großen Gärbehälter mit einem wirklich massiven Gewicht der Giersch genug gepresst wird, um unter der Oberfläche der Marinade zu verschwinden. Ich habe wesentlich mehr Marinade gebraucht. Dabei ist es essentiell, dass die Blätter nicht aus der Marinade herausragen, zumindest nach ein paar Stunden, wenn die Blätter in sich zusammen gesunken sind. Alles, was länger nicht von Flüssigkeit bedeckt ist, schimmelt nach wenigen Tagen. Also lieber etwas mehr Marinade und weniger Giersch nehmen. Nach ein paar Stunden habe ich dann den Inhalt der drei Gläser auf dem Foto in das größte Glas gepackt und jetzt steht alles im Kühlschrank. Riecht gut. Fragen Sie mich im Herbst, wie mein erstes Giersch-Zangazi dann schmeckt.

Nachtrag: Ich hatte wie beschrieben schon bei der Zubereitung Schwierigkeiten mit den angegebenen Mengen, bei der Fermentation ist der Giersch dann leider bald verschimmelt – der fertige Giersch im Nanum schmeckt wie gesagt sensationell, aber das Rezept dafür stimmt noch nicht so richtig. Probier es lieber noch nicht.

Giersch-Zangazi

Zubereitungszeit
30
Back/Gesamtzeit
20
Schwierigkeit

Zutaten für ein großes Glas:

Für 4 Personen
  • ca. 300 g junge Gierschblätter Giersch
  • 100 g Zwiebeln Zwiebel
  • 100 g Rettich
  • 1 Birne
  • 1 getrocknete (koreanische) Chilischote Chili
  • 400 ml Bio-Sojasauce Sojasauce
  • optional: Knoblauchzehe, Ingwerwurzel Knoblauch, Ingwer
  • 50 ml Quittensirup oder Ahornsirup (koreanisches Quittensirup – Hyo Sso selbermachen, siehe Tipp) Quitte, Ahornsirup

1. Giersch waschen und trocken schleudern. Für den Sud die Zwiebeln schälen, Rettich und Birne waschen, alles halbieren und in dünne Scheiben schneiden, die Chilischote grob zerbröseln. Wer will, kann zusätzlich eine kleine Zehe Knoblauch und ein etwas größeres Stück Ingwer in Scheiben schneiden und mit in den Sud geben. Die vorbereiteten Zutaten mit Sojasauce und 400 ml Wasser 15 Minuten kochen lassen. Durch ein Sieb gießen, auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.

2. Gierschblätter in ein Glas oder einen kleinen Gärtopf schichten, gut zusammen drücken. Sirup und Soja-Sud über den Giersch gießen. Mit einem Gewicht (siehe Tipp) beschweren, sodass zumindest nach ein paar Stunden alle Gierschblätter von Flüssigkeit bedeckt sind. 1-2 Tage bei Zimmertemperatur fermentieren lassen. Anschließend im Kühlschrank langsam weiter reifen lassen.

3. Nach einem Monat den Sud abgießen und auffangen, dabei den Giersch vorsichtig auswringen. Den Sud noch einmal aufkochen und auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Sud und Giersch wieder wie vorher in das Glas geben. Im Kühlschrank 3 Monate fertig fermentieren lassen.

Tipp: koreanischen Quittensirup Hyo Sso selber ansetzen

1 kg Quitten ernten, gründlich waschen, abtrocknen, entkernen und mit Schale in 3 mm dicke Scheiben schneiden. 600 g Zucker mit den Quitten mischen, in ein Glas oder in einen kleinen Gärtopf füllen, zusammendrücken. Dann mit 200 g Zucker bedecken und beschweren, sodass möglichst keine Luft zwischen den Früchten bleibt. Dabei helfen Beschwerungssteine: entweder aus der Natur, die sollen säurebeständig sein, also lieber Granit als Kalksteine – oder Gewichte aus dem Zubehörhandel fürs Fermentieren, die sind meistens aus Keramik, manchmal aus Glas. Eine gute Auswahl auch an kleinen Gärtöpfen und separaten Beschwerungssteinen gibt es zum Beispiel bei MS-Steinzeug. Das Glas oder den Topf verschließen und an einem kühlen, dunklen Ort mindesten 6 Monate lagern.

Nach 6 Monaten den entstandenen Sirup durchsieben und in Flaschen abfüllen. Er wird als Süßungsmittel statt Zucker verwendet. An einem dunklen Ort stehen lassen. Dort kann er viele Jahre gelagert werden. Er bleibt lebendig und wird weiter fermentieren. Die Quittenreste können entweder getrocknet und als Snack gegessen, oder püriert zur Verfeinerung von Saucen oder Salaten verwendet werden.