Kohl-Dampf auf Weihnachten

Hans Gerlach präsentiert sein Weihnachtsmenü. Zum Auftakt kombiniert er zarten Grünkohl mit Sonnenblumen-Tahini – eine süß-saure Vorspeise, die sich in Teilen schon jetzt vorbereiten lässt.

Text, Foto und Video: Hans Gerlach

Alles friert, Schnee soll auf dem Weg sein, perfekt, um bei einem Heißgetränk über Weihnachten nachzudenken. In den kommenden Wochen werde ich Ihnen wieder ein vegetarisches Menü vorschlagen, im Hauptgang mit geschmorten Kalbsbäckchen als nichtvegetarische Variationsmöglichkeit. Mein Weihnachtsmenü können Sie natürlich komplett kochen, aber es freut mich genauso, wenn Sie einen Gang daraus mit traditionellen Familienrezepten zu Ihrem persönlichen Menü kombinieren. Hier als Vorspeise zart marinierter Grünkohl mit Sonnenblumen-Tahin, ein Rezept aus dem Restaurant Otto in Berlin.

Vadim Otto Ursus Henselder und Sören Zuppke betreiben zusammen das Otto, ein »kleines und lebendiges Nachbarschaftsrestaurant«, schreiben sie auf der Website. Ein Großteil der Zutaten kommen aus der Gegend, teilweise aus dem eigenen Garten. Das Restaurant und auch die Tische sind klein, minimalistisch gestaltet und trotzdem gemütlich. Die Speisekarte klingt sehr entspannt – und alle Gerichte schmecken unglaublich gut. Sonnenblumen-Tahin mit Grünkohl könnte auch ein grobes Gericht sein, bei Vadim und Sören im Otto ist die Kombination einfach perfekt, kleine Handgriffe heben alle Gerichte auf eine höhere Ebene. Und das ohne Fine-Dining-Chichi und zu nachbarschaftlich freundlichen Preisen. Zum Beispiel ist es eine sehr gute Idee, einen Teil der Sonnenblumenkerne mit etwas Zucker zu kochen und danach erst knusprig braun zu braten. Und Tahin aus Sonnenblumenkernen ist nicht bitter, anders als die meisten Varianten aus Sesam. Vadim hat mir sein Rezept erklärt, ich finde, der Grünkohl ist ein sehr guter Einstieg in unser Weihnachtsmenü. Vadim würzt sein Tahin mit eingekochter Sauermolke. Die fällt im Otto an, wenn Joghurt für Labneh abtropft - wir dürfen alternativ auch ein paar Tropfen Zitronensaft verwenden, Essig oder Lake von fermentiertem Gemüse.

Mir gefällt die weiche Säure von Fermentationslake besonders gut, deshalb habe ich einfach die Hälfte der Sonnenblumenkerne, also 75 g, mit 125 ml Wasser, und je 4 g Salz und Zucker ein paar Tage bei Raumtemperatur fermentieren lassen, danach dann einfach Kerne und Lake gemixt. Das klappt gut, wichtig ist nur, alle Sonnenblumenkerne sicher unter der Oberfläche der Lake zu halten. Dafür einen Plastik-Joghurtdeckel oder ein Stück Backfolie so zuschneiden, dass sie gut ins Glas passen und dann mit einem säurefesten Stein o.ä. beschweren. Mit Glasdeckel, Gummiring und Einkochklammern verschließen, abwarten. Oder eben eine fertige säuerliche Flüssigkeit nehmen. Um Weihnachten wird nicht mehr viel im Garten wachsen – wer ein paar hartnäckige Blättchen Rucola oder Gundelrebe findet, kann sie über das fertige Gericht streuen.

Otto-Tahini mit Grünkohl

Zubereitungszeit
90
Back/Gesamtzeit
10
Schwierigkeit

Zutaten für 4-6 Personen:

Für 4 Personen
  • Tahin
  • 150 g Sonnenblumenkerne Sonnenblumenkerne
  • 50 ml Wasser
  • 1 EL Zitronensaft Zitrone
  • Alternativen: Fermentationslake von sauren Gurken, Kimchi oder ganz anders:  saure Gurke, Kimchi
  • 500 ml Buttermilch aufkochen, durch ein Tuch gießen, die Lake auf 60 ml einkochen die festen Bestandteile wie Labneh für andere Dips verwenden Buttermilch, Lake
  • 50 g Joghutz Joghurt
  • 50 ml Sonnenblumenöl Sonnenblumenöl
  • Grünkohlsalat
  • 200 g zarte Grünkohlblätter – manchmal gibt es nur zähen, großen Grünkohl, dann eignet sich Palmkohl besser Grünkohl, Palmkohl, Kohl
  • 3 EL Fermentationslake von Kimchi oder Chilis (Alternative: 1,5 EL Zitronensaft und 1,5 EL Wasser) Kimchi, Chili, Zitronensaft
  • Salz, Zucker Salz, Zucker
  • Schwarzes Knoblauchöl
  • 1 kleine Knolle Knoblauch (getrocknet aber nicht alt) Knoblauch
  • 125 ml neutrales Öl, z.B. Sonnenblumenöl oder Rapsöl Öl, Sonnenblumenöl, Rapsöl

1. Sonnenblumenkerne mit 250 g Wasser über Nacht quellen lassen (oder die Hälfte davon fermentieren, siehe Text). Die Hälfte davon in einem kleinen Topf mit Wasser knapp bedecken, salzen und leicht süßen, so dass das Wasser deutlich süß und leicht salzig schmeckt, dann eine knappe Stunde lang schwach köcheln lassen. Die andere Hälfte der Kerne mit der Hälfte vom Einweichwasser, 3 EL Joghurt und 50 ml Sonnenblumenöl, extrem fein pürieren – am besten in einem Blender oder einem Hochleistungsmixer. Mit Salz und etwas Chilipulver abschmecken.

2. Gekochte Sonnenblumenkerne gut abtropfen, dann in 4 EL Sonnenblumenöl knusprig und hellbraun backen. Auf ein Sieb gießen, gut abtropfen lassen, leicht salzen – falls Sie die Kerne vorbereiten in ein luftdicht verschlossenes Gefäß packen.

3. Dicke Stiele aus den Grünkohl-Blättern herausschneiden, die Blätter waschen und etwas kleiner zupfen. In Salzwasser etwas weicher als »al dente« kochen. Abgießen, schleudern oder gut abtropfen lassen. Für die Vinaigrette Chili- oder Kimchi-Flüssigkeit mit Salz (vorsichtig) und Zucker (leicht süß) abschmecken – evtl. braucht die Sauce auch noch einen Tropfen Zitrone oder Essig.

4. Knoblauchzehen mit den Schalen ein paarmal durchhacken. Dann im Blitzhacker o.ä. grob zerkleinern, eine grobe Grieseligkeit wie von Bulgur ist perfekt, aber so genau kommt es nicht drauf an. Mit 125 ml Öl in einem kleinen Topf rösten, bis der Knoblauch ziemlich schwarz ist, dabei oft umrühren. Ruhig mutig sein sagt Vadim. Ich finde man erkennt den richtigen Moment ganz gut: Sobald das erste kleine Rauchfähnchen vom Öl aufsteigt ist es fertig, dann schnell abgießen. Wenn auch das Öl schwarz wird, dann war es zu lang. Knoblauchöl abkühlen und in einer Flasche aufbewahren.

5. Tahin auf Teller schmieren, mit karamellisierten Sonnenblumenkernen großzügig bestreuen. Grünkohl mit der Vinaigrette anmachen, dabei schon ein paar Tropfen Knoblauchöl zugeben. Auf dem Tahin anrichten. Mit etwas Knoblauchöl betröpfeln auch hier ruhig etwas mutig sein.