Fermentierte Gemüse entwickeln tolle Aromen, sie sind supergesund fürs Mikrobiom und enthalten jede Menge sekundäre Pflanzenstoffe, die uns gut tun. Dabei ist die Fermentation mithilfe von Milchsäurebakterien die einfachste Methode, um Obst, Gemüse oder Milch in ganz neue Leckereien zu verwandeln. Neben der Verwendung für unzählige, asiatisch inspirierte Zubereitungen geben ein paar Streifen geschnittenes Kimchi auch Rezepten einen schönen Extrakick, bei denen man vielleicht nicht gleich an Kimchi denkt. Am Wochenende habe ich zum Beispiel ein Linsenrisotto gekocht und statt mariniertem Fenchel etwas Kimchi und geriebenen Ofenricotta auf jeden Teller gegeben – ein Gedicht!
Fermentation begleitet mich schon lange, eines meiner ersten Kochbücher hatte sogar einen Fermentations-Schwerpunkt. Damals habe ich allerdings noch in großen Gärtöpfen fermentiert und nach ein paar Monaten wurden die Fermente dann immer unerfreulich. Ich erinnere mich mit Grauen an 100 Kilogramm ranzige Salzzitronen. Mir fehlte einfach der kühle Keller mit gestampftem Lehmboden – und die Großfamilie, um meine Fermente zügig aufzuessen. Seit einigen Jahren gibt es aber auch kleine Gärtöpfe und vor allem Gewichte für Einmachgläser – und das ändert alles. Denn ein Gärtopf mit Wasserrinne soll hauptsächlich dafür sorgen, dass die Gärgase aus dem Topf entweichen können, aber kein Sauerstoff in den Topf hineinkommt. Weil unsere hilfreichen Milchsäuremikroben vor allem CO2 ausatmen, entsteht so ganz schnell eine sauerstoffarme Atmosphäre im Topf über dem Ferment – so können sich unerwünschte Mikroben nicht ansiedeln, zum Beispiel Kahmhefe. Die ist zwar nicht ungesund, im Gegenteil wirkt sie sogar präbiotisch, aber große Mengen Kahmhefe sehen nicht hübsch aus und können den Geschmack der Fermente beeinträchtigen.
Ein Einmachglas mit Gummiring und Einkochklammern lässt ebenfalls Überdruck aus dem Glas heraus (normalerweise, wenn sich beim Sterilisieren von Tomatensauce oder Ähnlichem im Einkochtopf die Luft im Glas ausdehnt) aber keine Luft hinein. Und so ist es ganz einfach, auch sehr kleine Mengen zu fermentieren. Wenn bei mir mal wieder ein Viertel von irgendeinem Kohl und eine schlappe Karotte im Kühlschrank herumdümpeln, dann ab damit ins Glas, zwei Prozent Salz dazu, Gewicht drauf und nach wenigen Tagen habe ich ein schönes Sauerkraut. Wichtig: Die Klammern bleiben dran am Glas. Mit dieser Methode kann ich die Fermentation genau in dem Moment unterbrechen, indem ich finde, dass das Ferment perfekt schmeckt. Dann stelle ich das Glas in den Kühlschrank und es bleibt wochenlang annähernd gleich. Während das Ferment im großen Gärtopf im zu warmen Keller eben immer weiter fermentiert, bis der Inhalt irgendwann weich und unappetitlich wird. Das war mir schon länger so halb bewusst, aber richtig umgesetzt habe ich den Gedanken erst, als ich kürzlich für einen Einmachglas-Hersteller neue Fermentationsrezepte entwickelt habe.
Mein Kimchi ist sehr nahe an der – auch in Korea – beliebtesten klassischen Version aus Chinakohl. Nur habe ich den Knoblauch weggelassen, manche Menschen mögen oder vertragen keinen Knoblauch. Ich war mir nicht ganz sicher, ob es möglich ist, den Knoblauch einfach wegzulassen, weil antibiotische Stoffe im Knoblauch auch konservierend wirken und vielleicht auch die Zusammensetzung der Bakterienkulturen im Ferment beeinflussen. Aber das Kimchi ohne Knoblauch fermentiert so wie gewohnt. Es schmeckt zwar etwas sanfter, aber genauso gut wie die traditionelle Variante – probieren Sie es aus!
Klassisches Kimchi ohne Knoblauch
Zubereitungszeit: 30 Minuten
Fermentationszeit: 3-4 Tage und etwa 2 Wochen im Kühlschrank
Zutaten für 1 Glas oder Gärtopf mit etwa 3 l Inhalt:
- 2 feste Chinakohlköpfe zusammen ca. 1,5 kg für 1,35 kg netto Chinakohl
- 70 g Meersalz Salz
- 200 g Rettich
- 100 g Möhre Karotte, Möhre
- 30 g Reismehl (oder 50 g gekochter Reis) Reis, Reismehl
- 5 Zehen Knoblauch (optional) Knoblauch
- 40 g Ingwerwurzel Ingwer
- 2 EL Zucker
- 75 ml vietnamesische Fischsauce Fischsauce
- 50 g koreanisches Chilipulver (Gochugaru für Kimchi – es gibt verschiedene Schärfegrade, am besten mit einem milderen anfangen, evtl. ein paar scharfe Chilis dazu mischen, hier ein Beispiel) Chili
- 1 EL getrocknete Fischstücke oder Garnelen (optional) Fisch, Garnelen
- 4 Frühlingszwiebeln
Außerdem:
Ein Zylinderglas 3000 ml mit Gummiringen, Einkochklammern und passenden Gewichten (Alternative: kleiner Gärtopf, zum Beispiel dieser hier. Ich habe gute Erfahrungen gemacht mit den Gewichten von einem Keramiker aus Berlin. Für so ein 3000 ml Glas hat er ein passendes Gewicht aus drei Teilen. Es gibt verschiedene Anbieter für Keramikgewichte und beim ersten Mal kann man auch improvisieren, z. B. mit einem soliden Frischhaltebeutel, gefüllt mit Kieselsteinen o. Ä.
1. Welke und trockene Blätter vom Chinakohl entfernen und den Strunk unten abschneiden. Den Chinakohl der Länge nach vierteln, dabei nur ansatzweise den Kohl unten einschneiden und den Rest mit den Händen vorsichtig auseinander reißen.
2. Kohlviertel in Wasser tauchen, um die Blätter zu befeuchten und dann in einer Schüssel mit 65 g Salz zwischen den Blättern salzen, sanft massieren. Eineinhalb Stunden ziehen lassen, dabei ab und zu wenden und drücken.
3. Kohlviertel aus der Lake nehmen (die Lake vorerst aufbewahren), kurz abwaschen, abtropfen.
4. Für die Gewürzpaste Rettich und Möhre schälen und grob raspeln. Gemüse mit 5 g Salz mischen, leicht massieren, stehen lassen, damit das Gemüse weich werden kann. 100 ml Wasser aufkochen. Reismehl mit 4 EL Wasser verrühren und ins heiße Wasser rühren, weiter rühren, ein paar Minuten köcheln lassen, dann abkühlen. Knoblauch und Ingwer schälen, den Ingwer in dünne Scheiben schneiden. Mit Zucker, Fischsauce und Chilipulver mixen. Garnelen grob hacken und dazugeben. Frühlingszwiebeln waschen. Wurzeln und welke Blätter von den Zwiebeln entfernen, in 1-2 cm lange Stücke schneiden. Unter die Reismischung rühren.
5. Die Gewürzmischung zwischen die einzelnen Blätter des Chinakohls verteilen. Die Stücke eng aufrollen und eng nebeneinander in den Gärtopf schichten. 100 ml von der Salzlake zugeben. Mit den Gewichten beschweren.
6. Bei Zimmertemperatur (20-22 Grad) 3-4 Tage stehen lassen, bis die Gärung deutlich sichtbar in Gang kommt. Danach den Topf etwa 2 Wochen Kühlschrank reifen lassen – anschließend hält sich das Kraut noch einige Wochen im Kühlschrank und wird dabei langsam immer reifer. Kimchi schmeckt aber in jeder Reifestufe, auch gleich zu Beginn, sobald nach ein paar Stunden die Gewürze durchgezogen sind.
Weitere Probier-doch-mal-Kimchi-Rezepte:
Kimchi aus Chinakohl – vereinfachte Version
Kimchi passt zu gekochtem Reis, aber auch zu vielen anderen Gerichten, hier drei Beispiele:
Gesundheit
Der Kohl, der bei der Zubereitung von Kimchi hauptsächlich verwendet wird, enthält Kalzium, Kupfer, Phosphor, Eisen und Salz, also die wichtigsten anorganischen Substanzen die den Körper alkalisieren. Die tierischen Zutaten (hier Fischsauce) enthalten wertvolle Aminosäuren, die die Aufnahme von Kalzium und Vitamin B1 beschleunigen. Die Milchsäurebakterien in Kimchi verbessern die Darmflora und damit die Verdauung (auch wenn viele dieser Bakterien im Magen kaputt gehen), sie sollen sogar eine positive Wirkung bei der Krebsvorsorge haben. Kimchi enthält besonders viel Vitamin C. Wenn grüne Pflanzen wie Lauchzwiebeln, Senfkraut oder die Blätter vom Rettich benutzt werden, enthält Kimchi auch viel Vitamin A.
