Melonen-Upcycling nach koreanischer Art

Man muss die Wassermelonenschalen nicht wegwerfen, man kann auch Sommer-Kimchi daraus machen. Unser Kolumnist erklärt, wie man die Schalen einfach fermentiert.

Sommer-Kimchi: Anstelle von Chinakohl und Rettich landet Wassermelonenschale auf dem Teller.

Text + Video: Hans Gerlach

Wassermelonen sind groß und schwer und bestehen nicht nur aus erfrischendem Fruchtfleisch, sondern auch aus Schalen, sogar ziemlich viel davon. Und die landen normalerweise auf dem Müll. Das ist schade. Eine simple Technik, um diese Schalen sinnvoll zu verwenden, wäre grandios – und könnte jedes Jahr Millionen Tonnen Lebensmittel vor dem Komposthaufen retten. In den amerikanischen Südstaaten gibt es zwar traditionelle Rezepte, für die Wassermelonenschalen mit viel Zucker, Essig und Gewürzen eingekocht werden – das kann ganz ordentlich schmecken, vor allem süß. Aber die Methode finde ich fragwürdig: Wenn ich geschmacksarme Lebensmittelreste mit geringem Nährwert durch einen großen Anteil von wertvollen Zutaten genießbar mache, dann ist das kein Upcycling gegen Foodwaste, sondern geschummelt. Radieschenblätter-Pesto mit viel Olivenöl und Parmesan schmeckt gut – aber Olivenöl und Parmesan schmecken auch ohne Radieschenblätter. Mit viel Zucker eingelegte Wassermelonenschalen konnten in den amerikanischen Südstaaten nur erfunden werden, weil Zucker durch Sklavenarbeit viel zu billig wurde.

Deshalb bin ich umso begeisterter von der Idee, Wassermelonenschalen zu fermentieren. So kitzeln wir nämlich Aromen aus den vermeintlich geschmacklosen Schalen, die aus der Wassermelone selber kommen und nicht aus Zucker oder Öl. Die Technik ist ganz einfach. Gewürze spielen eine Rolle im Rezept, aber eben als Gewürz, nicht als Hauptbestandteil. Die fermentierten Schalen würden auch ohne Ingwer und Chili schon knackig frisch schmecken. Das Rezept für Wassermelonenschalen-Kimchi stammt übrigens nicht von mir, sondern von Christine Krauss Food-Blog Chirpfood. Ich darf also, ohne rot zu werden, sagen: Bessere Wassermelonenschalen haben Sie noch nie gegessen!

Wozu passt nun Wassermelonenschalen-Kimchi? Auf Chirpfood würzt Krauss damit einen Tomatensalat. Mein erster Versuch war Mozzarella mit Wassermelonenschalen-Kimchi, der zweite Ofenkartoffelspalten mit Kimchi, Rucola, Joghurt und ein paar Tropfen Olivenöl. Ein paar Streifen vom Kimchi würden auch meinem Wassermelonensalat einen zusätzlichen Kick geben, wie den meisten Sommersalaten. Schmeckt sehr gut mit kurz gebratenen Zucchinistücken: einfach etwas Kimchi hacken und unter das fertige Gemüse rühren. Neulich bei Freunden standen ein paar frische Austern auf dem Tisch und ich hatte ein Glas Kimchi mitgebracht: ein Streifen Wassermelonenschalen-Kimchi auf einer Auster ist eine sehr sensible Kombination. Und natürlich passt es auch zu allerlei Gegrilltem, das Kimchi ist eine Bereicherung für jede Sommerküche.

Wassermelonenschalen-Kimchi

Zubereitungszeit
30
Gesamtzeit
336
Schwierigkeit

Zutaten für ein Glas (etwa 400 ml):

Für 4 Personen
  • 500 g Bio-Wassermelonenschale (siehe Tipps) Wassermelone, Melone
  • 20 g Salz
  • 2 Frühlingszwiebeln Frühlingszwiebel
  • 10 g koreanische Chiliflocken – Gochugaru (wer es milder mag, kann auch nur 5 g nehmen) Chiliflocken
  • 20 g koreanische Chilipaste – Gochuyang Chilipaste
  • 20 g Ingwerwurzel Ingwer

1. Den dunkelgrünen Teil der Melonenschale mit einem Messer dünn abschälen. 500 g gelbgrüne Melonenschale abwiegen, in etwa 5 mm dicke Streifen schneiden und mit 20 g Salz (4% vom Gewicht) in einem Glas mischen, mit einem Gewicht beschweren und 1 bis 2 Tage stehen lassen. Dabei kann es sein, dass die Melone evtl. schon beginnt zu fermentieren, kleine Bläschen werden sichtbar. Das ist ok, muss aber nicht sein.

2. Die Flüssigkeit abgießen – nicht zu gründlich, es sollen 2 bis 3 EL Flüssigkeit im Glas bleiben. Frühlingszwiebeln putzen und in Ringe schneiden, Ingwerwurzel schälen und in hauchdünne Scheiben schneiden. Beides mit Chiliflocken, Chilipaste und den Melonenstreifen mischen.

3. Das Kimchi sanft in ein Gefäß pressen und mit einem Gewicht beschweren, damit die Melonenstücke nach ein paar Stunden vollständig von Lake bedeckt sind. Das Gefäß mit einem Deckel verschließen – nicht ganz dicht, es sollen die Gase austreten können, die bei der Fermentation entstehen.

4. Ein bis zwei Wochen bei Raumtemperatur fermentieren lassen – eine heiße Sommerwoche reicht wahrscheinlich aus, während einer verregneten Sommerzeit kann es auch zwei Wochen dauern, bis die Wassermelone fertig ist. Einfach nach einer Woche und dann falls nötig noch alle paar Tage ein Stückchen probieren: sobald das Wassermelonenschalen-Kimchi gut und frischsäuerlich schmeckt, ist es fertig. Die Entscheidung ist individuell, mit der Zeit wird das Kimchi immer intensiver und auch säuerlicher. In den Kühlschrank stellen, da hält sich das fertige Kimchi mit Sicherheit 4 Wochen, in der Regel sehr viel länger.

Tipps zum Fermentieren

  • Die Wassermelonenschale: Ein Hauch Rot darf noch mit dran sein, das sieht gut aus und schmeckt auch gut. Bei mir hatte eine halbe Melone 2,2 kg das gab 725 g Schale mit der dunkelgrünen Schale und 500 g netto ohne die dunkelgrüne Schale. Das gilt für eine kleine Sorte Wassermelone. Für die Schale von einer ganzen kleinen Melone – also 1 kg netto – alle Mengen einfach verdoppeln)
  • Ich habe auch schon mit Zutaten aus konventionellem Anbau fermentiert, aber da weiß man nie ganz genau, ob nicht irgendwelche Stoffe auf oder in den Zutaten sind, die Fermentation behindern – gerade wenn es um Fruchtschalen geht, die ja normalerweise nicht gegessen werden. Hier sind Bio-Zutaten eindeutig die bessere Wahl (für unsere Umwelt ist der Anbau von Biozutaten immer die bessere Wahl).
  • Mir macht es Spaß, Kleinmengen zu fermentieren. Das ist unkompliziert. Das Ergebnis kann ich im Kühlschrank aufbewahren und so die Fermentation stoppen – und zwar genau dann, wenn das Ferment am besten schmeckt. Nach zu langen Gärzeiten schmecken alle Fermente nämlich einfach nur nach Sauerkraut.
  • Statt Gärtopf reicht ein Einmachglas, komplizierte Gärverschlüsse braucht es nicht, denn die Gärgase sorgen von selber für eine sauerstoffarme Atmosphäre im Glas. Ein locker zugedrehter Schraubverschluss reicht aus.
  • Wichtig sind Beschwerungssteine, denn solange alle Zutaten von Lake bedeckt sind hat Schimmel keine Chance. Es gibt online kleine Beschwerungssteine aus Keramik für die Fermentation im Einmachglas (zum Beispiel von Softcorefood, Alternativen sind sehr kleine Gärtöpfe z. B. von MS-Steinzeug). Gewichte aus Glas gibt es auch, aber die sind zu empfindlich. Für erste Versuche reicht ein beliebiges Gewicht – es darf nur nicht säureempfindlich sein. Hier ein paar Möglichkeiten: ein zweites, etwas kleineres Glas, mit Wasser gefüllt; passende Steine – aber keine Isarkiesel, die enthalten Kalk und der löst sich in der säuerlichen Lake auf; Granit geht gut, aber auch viele andere Steine sind geeignet. Ich habe zum Beispiel ein Stück Schlangenhaut-Achat, das passt genau in ein sehr kleines Einmachglas. In manchen Antipastigläsern sind kleine Plastikgitter mit denen man das Fermentationsgut unter Wasser halten kann. Und ein wassergefüllter Gefrierbeutel geht auch – ist aber eben aus Plastik.
  • Gewürze: Es müssen nicht unbedingt koreanische Chiliflocken sein, nehmen Sie eine Sorte, deren Schärfegrad sie gut einschätzen können. Dabei sind etwas mildere Sorten mit mehr Aroma grundsätzlich gut geeignet, Piment d’espelette zum Beispiel oder Chipotle-Chiliflocken. Die Chilipaste kann man sicher durch Misopaste und etwas mehr Chiliflocken ersetzen – das habe ich aber noch nicht ausprobiert (die koreanische Gochujang Chilipaste hat Misocharakter und ist nicht superscharf und damit sehr universell einsetzbar, ich habe seit Jahren immer etwas davon im Kühlschrank).