Kimchi ist das bekannteste Symbol für die koreanische Küche, der fermentierte Kohl schmeckt meist intensiv nach Chili und Knoblauch. Doch Koreas Köche haben noch mehr zu bieten und selbst Kimchi ist vielfältiger, als wir denken – kürzlich habe ich zum Beispiel ein Dessert mit Pfirsich-Kimchi probiert. Das war von Mingoo Kang, einem der besten Köche des Landes. In Gangnam, einem Hipster-Stadtteil von Seoul, hat er mit gerade mal Anfang 30 eine neue koreanische Küche entwickelt. Kang nimmt die Traditionen ernst, gleichzeitig modernisiert er sie – oft mit westlichen Techniken. Manchmal verwendet Kang sogar Zutaten wie französische Butter oder spanische Chorizo-Wurst. Es ist eine sehr kraftvolle Fusion-Küche, nur anders herum, als wir es gewöhnt sind.
Ich habe den Küchenchef in Salzburg kennengelernt, Kang war dort als Gastkoch im Restaurant »Ikarus«. Viele seiner Rezepte sind komplex und wohl nur für sehr ambitionierte Hobbyköche nachzukochen, doch ein Detail ist ganz einfach und kann unser aller Experimente mit asiatischer Küche bereichern: Myeolchi Yuksu. Das ist eine Grundbrühe aus getrockneten Sardellen. Diese Brühe wird in Korea ähnlich verwendet wie Dashi aus getrocknetem Tunfisch in Japan. Der japanische Dashi schmeckt aromatisch, sehr dicht, ist voller Umami und nur schwer zu ersetzen. Leider – denn die Hauptzutat ist eben Katsuoboshi, getrockneter Tunfisch. Verwendet wird zwar eine kleine Art, die vielleicht nicht ganz so akut vom Aussterben bedroht ist wie die großen, rotfleischigen Tunfische, doch im Atlantik zum Beispiel sind die Bestände völlig überfischt.
Manchmal koche ich deshalb einen deutschen Dashi mit Schwarzwälder Schinken und ein paar Kohlblättern. Das schmeckt großartig, aber nicht so ganz authentisch japanisch. Myeolchi Yuksu ist dagegen tatsächlich eine gleichwertige Dashi-Alternative – vor allem, wenn man sie nach Mingoos Gangnam-Style zubereitet: Er setzt die Sardellen an wie einen Coldbrew Kaffee, dann wandern nämlich nur die angenehmen Aromen aus den kleinen Fischen in den Sud. Und Sardellen gibt es noch genug in den meisten Ozeanen. Als Faustregel kann man sagen: Alle großen Fische sind gefährdet und je kleiner die Fischart, desto mehr gibt noch davon.
Sie können die Brühe für alle möglichen asiatisch inspirierten, Suppen, Saucen oder Ragouts verwenden, ein sehr leckeres Anwendungsbeispiel ist der koreanische Klassiker Kimchi Sundubu Jjigae – etwas respektlos könnte man sagen, es ist die koreanische Version von Shakshuka.
Für 1 Liter Myeolchi Yuksu
- 60 g getrocknete Sardellen (für 50 g netto, Anchovis)
- 20 g getrocknete Sardinen (für 15 g netto – oder etwas mehr Sardellen)
Ofen auf 160 Grad Umluft vorheizen. Die dunklen Innereien der Fische entfernen. Sechs bis sieben Minuten auf einem Blech im Ofen rösten. Anschliessend abkühlen lassen und in einem Blender oder Ähnlichem fein pulverisieren. Luftdicht abfüllen und lagern oder gleich mit einem Liter Wasser verrühren und mindestens 24, noch besser 48, Stunden im Kühlschrank ziehen lassen. Durch einen Kaffeefilter abgiessen.
Kimchi Sundubu Jjigae für 4 Personen
- 1/4 Fenchelknolle
- 1 l Sardellen-Dashi
- 1 Stück Kombu – handtellergroß
- 2 Zwiebeln
- 3 Knoblauchzehen
- 100 g Räucherspeckwürfel
- 1 EL Pflanzenöl
- 250 g mittelgroße Riesengarnelen (küchenfertig ohne Schalen wiegen, falls Schalen vorhanden sind, mit dem Kombu im Fond ziehen lassen)
- 200 g Kimchi
- 1 TL Salz
- 1 TL Zucker
- 400 g Seidentofu
- 2 EL koreanische Chiliflocken (Gochugaru)
- 2 EL Sesamöl
- 4 Eier
- 2 Frühlingszwiebeln
Fenchelknolle mit einem Bunsenbrenner oder einer anderen Flamme rundherum schwärzen. Kurz abkühlen, in Scheiben schneiden und mit Kombu und Sardellen-Dashi in einen Topf geben, langsam aufkochen lassen und 20 Minuten schwach köcheln lassen.
Zwiebeln und Knoblauch schälen und würfeln oder hacken. Speckwürfel mit dem Öl bei schwacher Hitze fünf Minuten braten, dann die Riesengarnelen zwei Minuten mitbraten, wieder aus dem Topf nehmen. Zwiebeln und Knoblauch zugeben, noch zwei Minuten braten. Kimchi grob hacken und mit in den Topf geben, die Brühe durch ein Sieb dazugiessen und zehn Minuten kochen lassen. Tofu zugeben, mit dem Kochlöffel ein paarmal umrühren und dabei zerkleinern. Chiliflocken und Sesamöl verrühren und mit den Garnelen in den Topf geben. Die Eier aufschlagen und mit etwas Abstand in den Topf gleiten lassen, bei schacher Hitze noch zwei Minuten köcheln lassen.
Frühlingszwiebeln putzen und in Ringe schneiden, auf das Sundubu Jjigae streuen und servieren.