Gemüse, verzaubert mit Hot Ponzu

Die Mutter aller Sojasaucen heißt Tamari, findet Hans Gerlach. Mit etwas Orangensaft und Fruchtsüße aus Quitte oder Birne wird aus ihr eine warme Ponzu-Marinade, die jedes Gemüse besser macht.

Ein bunter Teller für graue Tage.

Text, Foto & Video: Hans Gerlach

Es gibt kein Entrinnen: Wer einmal wirklich gute Sojasauce probiert, wird ihr unweigerlich verfallen. Sie glauben mir nicht? Setzen Sie einmal selber Miso an und probieren nach ein paar Monaten einen Tropfen der Flüssigkeit, die sich auf dem Miso sammelt. Diese Mutter aller Sojasaucen heißt Tamari und schmeckt fleischig, rund und fruchtig – einfach wundervoll. Leider bildet sich bei der Misoherstellung nur wenig Tamari. Deshalb begannen Japaner und Chinesen irgendwann eine flüssigere Version des Misoansatzes speziell für die Gewinnung von Sauce zu perfektionieren. Traditionell gebraute Sauce muss mindestens Monate, wenn nicht sogar Jahre reifen, damit Pilze und Enzyme die Proteine der Sojabohne zerlegen können. Erst dann kann der menschliche Stoffwechsel das Eiweiß wirklich gut verwerten. Gleichzeitig entstehen die Aromen der Sojasauce, auch das braucht Zeit.

Sojasaucen aus dem Supermarkt werden in der Regel mit Hilfe von Salzsäure und hohen Temperaturen in wenigen Tagen hergestellt. Das war nach dem zweiten Weltkrieg wichtig, um die japanische Bevölkerung schnell mit hochwertigem Eiweiß zu versorgen. Geschmacklich sind diese Saucen eher grob. Deshalb ist es auch nicht besonders sinnvoll, Sushi in solche Saucen zu tauchen, die zarten Aromen der frischen Fische verschwinden in der schwarzen Brühe.

Doch auch wenn Sie nicht gleich eigene Sojasauce ansetzen wollen, gibt es inzwischen genügend kleine Produzenten, die sehr gute Saucen brauen. Aus Sojabohnen oder aus anderen Hülsenfrüchten und Getreiden. Hauptsache, es kommt irgendwie Eiweiß in das Gebräu. Sogar aus Spirulina entsteht eine erstklassige Aminosauce – das ist die korrekte Bezeichnung für diesen Typ Sauce, wenn gar keine Sojabohnen im Spiel sind. Wahrscheinlich finden Sie einen Produzenten in Ihrer Nähe, Mimiferments habe ich Ihnen schon ab und zu empfohlen, die Spirulinasauce (ist übrigens strahlend blau) finden Sie manchmal im Shop des Nürnberger Spitzenrestaurants Etz. Und selbst in dem verschlafenen Münchner Stadtteil, in dem ich wohne, braut seit ein paar Monaten eine kleine Firma erstklassige Aminosaucen. Und aus Japan kommen selbstverständlich auch einige sehr gute Saucen bis zu uns, zum Beispiel der Holzfassgeist.

Sobald Sie eine schöne Aminosauce gefunden haben, können Sie mit ein paar Tropfen davon einfache Gemüse verzaubern, mit etwas Orangensaft und einem süßen Element (hier: Fruchtsüße aus Quitte, Birne geht auch) wird aus dieser Würzidee eine warme Pon-Zu-Marinade. Die schmeckt wiederum auch sehr gut mit allerlei Sushi- und Sashimi-Varianten. Wichtig: die edle Sauce nicht lang kochen, damit die schöne Aromen sich in der Wärme entfalten, aber nicht verfliegen.

Kartoffelpüree mit glasiertem Zwiebelgemüse und Orangenspalten in Hot Ponzu

Zubereitungszeit
60
Gesamtzeit
60
Schwierigkeit

Zutaten:

Für 4 Personen
  • 1 kg mehlig kochende Kartoffeln  Kartoffel
  • 250-275 g Sahne, Milch oder beides gemischt Sahne, Milch
  • Salz, Muskat
  • 1-2 EL Butter
  • 3-4 Zwiebeln Zwiebel
  • 2 EL Olivenöl, Rapsöl oder Sesamöl Olivenöl, Rapsöl, Sesamöl
  • 1 Quitte (Alternative: Birne) Quitte, Birne
  • 400 g Rotkraut
  • 1 Bio-Orange Orange
  • 4-8 EL Tamari oder eine andere gute Aminosauce (von sehr salzigen Saucen nur 4 EL nehmen, von milden Varianten ruhig auch 8 EL) Tamari, Sojasauce

1. Die Kartoffeln schälen, in große Stücke schneiden und in Salzwasser etwa 20 Minuten weich kochen. Oder die Kartoffeln gar nicht erst schälen und mit Schale durch eine Kartoffelpresse drücken – das braucht mehr Kraft, aber die Schalen geben beim Kochen zusätzlichen Kartoffelgeschmack an die Kartoffeln ab und bleiben in der Presse zurück.

2. Zwiebeln schälen, halbieren und in Spalten schneiden – wenn möglich den Wurzelansatz dran lassen, so dass die Spalten nicht ganz auseinander fallen. Quitte abreiben, ebenfalls in dünne Spalten schneiden, dabei das Kernhaus entfernen. Zwiebeln in einem Topf mit etwas Öl zugedeckt ziemlich weich dünsten, das dauert etwa 20 Minuten, dabei nach 10 Minuten die Quitten mit dazu geben – Birne noch später dazu geben, wenn sie ganz reif ist, reicht es die Birne zu erhitzen. Ab und zu umrühren. Rotkraut in 3 cm große Quadrate schneiden beides noch 5 Minuten mit den Zwiebeln dünsten, das Kraut darf ruhig noch recht knackig bleiben.

3. Die Orange waschen und gut abtrocknen, mit einem scharfen Messer hauchdünn schälen, die Schale in schmale Streifen schneiden. Die weiße Haut der Orange mit dem Messer abschälen, das Fruchtfleisch um die flaumige Mitte herum in Scheiben abschneiden, große Scheiben in Streifen schneiden. Orangenschale und Tamari zum Gemüse geben, mit Deckel ein, zwei Minuten durchziehen lassen, dann ohne Deckel etwas einkochen – eventuell dabei ein, zwei Flöckchen Butter unterrühren und so das Gemüse leicht glasieren.

4. Kartoffeln abgießen. 300 ml Milch oder Sahne aufkochen mit Salz und Muskat kräftig würzen, so dass die Sahne oder Milch schon etwas überwürzt schmeckt. Den Topf vom Herd nehmen. Kartoffeln durch die Kartoffelpresse drücken, vorsichtig unterrühren, dabei etwas Butter dazu geben. Wie viel Flüssigkeit die Kartoffeln aufnehmen, hängt von Sorte und Jahreszeit ab – manchmal muss man noch einen Schuss mehr Sahne oder Milch unterrühren. Kartoffelpüree mit Salz und Muskat abschmecken und mit dem glasierten Zwiebelgemüse servieren, dabei die Orangenstücke locker untermischen.