Powidl, die österreichische Version von Pflaumenmus, stammt aus einer Zeit, in der Zucker nur für den »Besserverdiener« erschwinglich war. Das Mus kommt nämlich ohne oder mit sehr wenig Zucker aus und schmeckt trotzdem süß und äußerst aromatisch – bei langer Haltbarkeit (vorausgesetzt, Sie sterilisieren die Gläser vorher gründlich – Anleitung unten im Text). Das liegt am natürlich vorhandenen Zucker in den Früchten. Für Powidl eignen sich nicht nur Pflaumen, sondern auch andere Früchte. Ich mag eine Version mit Aprikosen besonders gerne oder mit den berühmten österreichischen Marillen. Das sind eine Art höhere Form von Aprikosen – meist aus der Wachau. Ob Marillen oder gewöhnliche Aprikosen – sie sollen schön reif sein und gut duften. Wenn die Früchte schon etwas weich sind, schadet es überhaupt nicht. Der Geschmack von reifen Aprikosen wird durch langes, langsames Einkochen besonders gut konzentriert. Der Duft erinnert mich an meine Großmutter, die war zwar alles andere als eine begeisterte Köchin war, aber ein paar schöne Klassiker aus Österreich hatte sie in ihrem Verwöhnprogramm für die Enkelkinder. Einige davon hatten mit Powidl zu tun: Powidl-Tascherl, Powidl-Kolatschen oder mit Powidl gefüllte Buchteln – jeweils in der klassischen Version mit Pflaumen. Ich finde in allen Fällen Marillen- oder Aprikosen-Powidl eine sehr gute Alternative: schmeckt gut und sieht vor allem sehr viel schöner aus als mit Zwetschgen. Während Zwetschgen oder andere Pflaumen durch die lange Kochzeit vor allem braun werden, entwickeln Aprikosen ein sattes, leuchtendes Aprikosen-Orange. Im Buddhismus wird die Farbe auch mit Erleuchtung assoziiert. Wer lange genug in einen Topf mit sanft blubberndem Aprikosen-Powidl blickt, kann das vielleicht verstehen – oder sogar selbst erfahren.
Marillen-Powidl
Zutaten für ca. 800-1000 ml:
- 2,5 kg Marillen/Aprikosen Marille, Aprikose
- 1 Vanilleschote Vanille
- 200 g getrocknete Aprikosen Aprikose
- 250 ml Dessertwein oder fruchtiger Weißwein Wein
1. Marillen waschen, halbieren und entsteinen. Vanilleschote längs halbieren, das Mark mit einem Messerrücken herauskratzen. Vanilleschote und -mark mit allen übrigen Zutaten 30 Minuten kochen, dabei gelegentlich umrühren.
2. Gekochte Früchte in ein Sieb schütten, über einem Topf abtropfen lassen. Die Vanillestange entfernen. Den aufgefangenen Saft sirupartig einkochen.
3. Backofen auf 150 Grad Umluft vorheizen. Die Marillen pürieren, mit dem eingekochten Saft mischen. In einen Bräter oder in eine ofenfeste Form füllen und im Ofen etwa 2,5 Stunden einkochen, dabei anfangs gelegentlich, in den letzten 30 Minuten häufiger umrühren. Den Powidl in heiß ausgespülte Einmachgläser füllen.
Haltbarkeit
Durch den geringen Zuckergehalt ist der Powidl empfindlicher als gewöhnliche Konfitüren, offene Gläser im Kühlschrank aufheben und die vollen Gläser nach dem Abfüllen entweder relativ zügig verbrauchen oder sterilisieren.
Und so geht's: Einen Topf aussuchen, in den die Gläser gerade hineinpassen, ein gefaltetes Küchentuch auf den Topfboden legen, die noch warmen Gläser in den Topf stellen. Mit heißem Wasser knapp aufgießen, so dass die Gläser nicht aufschwimmen. Es macht nichts, wenn die Deckel ein paar Millimeter herausschauen – der Dampf beim Kochen ist heiß genug. Aufkochen und sobald Bläschen in den Gläsern aufsteigen, den Wecker auf 15 Minuten stellen. Sterilisierte Gläser aus dem Topf heben und auf einem Gitter abkühlen lassen – im Vorratskeller fast unbegrenzt haltbar.