Mein Garten ist ein Pilzparadies: Schimmelpilze wachsen auf Rosen und auf Gurken. Die Wiese ist übersät von Tränenden Saumpilzen - die sehen wenigstens hübsch aus, sind nicht einmal giftig, aber leider auch nicht richtig geniessbar. Mir kommen die Tränen, wenn ich all die Pilzpracht sehe und nichts daraus kochen kann. Vor zwei Jahren beschloss ich deshalb, das offensichtlich pilzfreundliche Mikroklima zu nutzen. Ich vergrub einen mit Braunkappen-Mycel geimpften Strohballen an einem schattigen Plätzchen und freute mich auf reiche Ernte. Seitdem warte ich darauf. Im Boden blieb eine rechteckige Absenkung in Form eines Strohballens. Sie erinnert mich dunkel an die Abenteuer von Huckleberry Finn - hatte er nicht anhand so einer Absenkung einen gestohlenen Schatz gefunden? Mein Fehler und der des Verbrechers war jedenfalls, ein frisch gegrabenes Loch mit Erde einfach glatt aufzufüllen, statt einen kleinen Hügel darüber aufzuschütten. Denn frisch aufgegrabene Erde sackt im Laufe der Zeit immer etwas zusammen.
Vor ein paar Wochen stieß ich auf Pilzbrut.de und beschloss einen neuen Anlauf zu nehmen. Die Firma bietet nicht nur besagte Braunkappen an, sondern vom Steinchampignon bis zum Parasol alle möglichen Pilze, die sich züchten lassen. Diesmal wollte ich kein Risiko eingehen und rief erst einmal den Pilzzüchter an. Alexander Hawlik beriet mich. Er meinte, in den ostdeutschen Bundesländern sei die private Pilzzucht sehr verbreitet. Schon zu DDR-Zeiten habe es in jedem Dorf jemanden gegeben, der Braunkappen oder andere Pilze züchtete. Es gäbe dort eine Art Grundverständnis für die Pilzzucht. Mir riet er, lieber erst einmal unempfindliche Shiitakepilze anzubauen, bevor ich mich wieder an eine sensiblere Kultur wage. Der Knackpunkt bei Gartenpilzen sei jedenfalls die richtige Nachbarschaft - Braunkappen oder Parasolpilze vertragen sich zum Beispiel nicht mit Nadelbäumen.
Nach ein paar Tagen kam ein Paket mit einem samtig braun-weiß überzogenen Klotz aus geschredderten Holzfasern. Erste Shiitakeköpfe spitzten schon an manchen Stellen hervor. Das hatte Herr Hawlik auch so angekündigt. Lustigerweise wird nämlich das Wachstum der Pilze durch Erschütterungen ausgelöst, ein Transport mit der Post ist also ideal. Wie die Pilze in japanischen Laubwäldern fruchten, bleibt mir allerdings ein Rätsel - wachsen sie dort nur nach Erdbeben? Man kann die Pilze einfach an ein feucht-schattiges Plätzchen im Freien stellen, aber extreme Hitze, Trockenheit oder zu viel Licht vertragen sie nicht. Ein Blumentopfuntersetzer in der Küche schien mir eine gute Lösung zu sein. Mitgeliefert wird eine Art riesige Duschhaube. Die sieht nicht so richtig elegant aus, funktioniert aber sehr gut als kleines Gewächshaus. Was soll ich sagen: Nach einer Woche habe ich zwei Hände voll Shiitakepilze geerntet. Und es bilden sich schon Risse, wo die nächsten aufpoppen werden. Faszinierend! Als nächstes probiere ich Parasol. Dann schwarze Trüffel.
Udon-Nudelsuppe mit Shiitakepilzen
Für 4 Personen
ca. 1 l Brühe (japanische Dashibrühe, Gemüsebrühe oder Geflügelbrühe)
Eine Handvoll Sojasprossen - also etwa 75 g
150 g frische Shiitakepilze
2 Lauchzwiebeln
1-2 Chilischoten
6 EL Sojasauce
400 g Udon-Nudeln (vakuumverpackt)
Sojasprossen waschen und dabei verlesen. Die zähen Stiele der Shiitakepilze abschneiden, die Kappen in Scheiben schneiden. Lauchzwiebeln putzen und fein schneiden, dabei Wurzeln und welke Blätter entfernen. Chilischoten in Ringe schneiden und mit der Sojasauce in 4 Dipschälchen verteilen.
Udonnudeln nach Packungsanweisung in kochendem Wasser erhitzen. Brühe mit Pilzen aufkochen, 5 Minuten ziehen lassen, mit wenig Sojasauce abschmecken. Nudeln abgiessen und mit Sojasprossen in Suppenschalen verteilen, Brühe und Shiitake darüber verteilen, mit Lauchzwiebeln garnieren und mit Chili und Soja servieren.