Der Film »Don’t Worry Darling« mit Florence Pugh und dem Pop-Star Harry Styles hat gerade in Venedig Premiere gefeiert, am 23. September kommt er in die Kinos. Was die Welt aber wirklich sehen will, ist eine lückenlose »Behind the Scenes«-Dokumentation zu Pre-Produktion, Dreharbeiten und Pressetour des Films. Arbeitstitel »A Lot To Worry, Darling.«
Der ganze Klatsch über Spannungen zwischen der Regisseurin Olivia Wilde und den Schauspielerinnen und Schauspielern ist schon jetzt fantastischer und surrealer als es der dystopische Vorstadt-Thriller ansatzweise sein könnte. Die ersten Kritiken lassen ohnehin nichts Gutes vermuten, bleiben wir also lieber gleich beim Klatsch. Wer Twitter oder Instagram verfolgt, dürfte das meiste mitbekommen haben, hier also nur schnell das Nötigste: Regisseurin Olivia Wilde und Harry Styles sind offenkundig ein Paar, was Florence Pugh und den anderen Darstellern angeblich ein bisschen zu viel privates Engagement am Set war. Ursprünglich hatte die Hauptrolle Shia laBeouf übernehmen sollen, den Wilde feuerte. Nun kursiert allerdings ein Video, in dem sie ihn inständig bittet zu bleiben. Florence Pugh wiederum schwänzte die halbe Pressetour und redete offenbar kein Wort mehr mit Wilde. Vorläufiger Höhepunkt: Ein Clip im Internet, bei dem es so aussah, als habe Styles seinem Kollegen Chris Pine in den Schoß gespuckt. Der Hashtag #spitgate dürfte schon jetzt eine der höchsten Einschaltquoten des Jahres haben. Soll noch mal jemand sagen, die Pressetour zu dem Film sei eine Katastrophe.
Worüber derweil kaum gesprochen wird, ist ein anderes sich anbahnendes Drama. Nennen wir es in Anlehnung an Alfred Hitchcocks Klassiker »Plötzlich Ärger mit Harry.« Ein völlig neues Genre für Harry Styles, der dieser Dystopie der eierlegenden Wollmilchsau stellenweise erstaunlich nah kam. Ausverkaufte Hallen, rekordlange 12 Wochen an der Spitze der Charts mit dem Hit »As it was«, erster Mann auf dem Frauen-Cover der Vogue, einflussreichste Modepersönlichkeit 2020, nebenbei noch Filmstar – besser hätte es für das ehemalige One-Direction-Mitglied nicht laufen können, besser hätte er dabei auch nicht aussehen können. Der Brite bestimmte jeden nennenswerten Trend für Männer mit: bunte Anzüge, Perlenohrringe, Transparenz, Rüschen, Nagellack, sehr kurze Hosen, Porno-Brillen. Selbst den Verkauf von Goldfischen dürfte er mit seinem Video »Adore you« angekurbelt haben.
Und jetzt? Hat er zwar wohl nicht gespuckt, wirklich gut sah er in besagtem Video trotzdem nicht aus. Der 28-Jährige wirkte nicht nur irgendwie bräsig-überheblich, wie er sich da neben Pine in den Kinosessel fläzt, beinahe zum ersten Mal erfährt er so etwas wie eine Kleiderpanne: Der surrealistisch lange Kragen seines hellblauen Gucci-Hemdes war an einer Seite unter das Jackett gerutscht. Eigentlich keine große Sache, aber wenn man sich mit einem Fashion-Statement aus dem Fenster lehnt, sollte es wenigstens sitzen.
Überhaupt bekommt seine Gucci-Standleitung allmählich etwas Maniriertes, Kostümhaftes. Seine ersten Werbekampagnen für das italienische Haus mit Schafen waren überraschend, die Zusammenarbeit mit dem Chefdesigner Alessandro Michele ein heiteres Fest des Genderbendings. Aber der letzte wirklich gute Auftritt des Sängers war der Look auf seinem Album »Harry’s House«. Eine weite Jeans und ein Babydoll-artiges Oberteil von Molly Goddard. Das war viel weniger schreiend als das Rüschenkleid auf dem Vogue-Cover, und doch in seiner Reduziertheit und weiblich-kindlichen Konnotation gewagter, was die Verwischung der Geschlechtergrenzen im Kleiderschrank angeht.
In Venedig reiste er nun in seiner ersten eigenen Gucci-Kollektion an, genannt »Ha Ha Ha«. Brombeerfarbenes Jackett über gemustertem Cardigan, zwei Taschen und ein Koffer mit Leopardenprint. Ganz frisch aus dem Laden und doch vor allem erwartbar. Im Internet kursieren bereits etliche Memes dazu, etwa dass die Kollektion vor allem deshalb HA HA HA heiße, weil sich Styles über die Leute kaputtlache, die ein Vermögen für das Zeug ausgeben.
Auch an anderer Stelle hagelt es plötzlich Häme. Der Comedian Benito Skinner parodierte sein Statement aus der Pressekonferenz zu »Don’t worry darling«, in dem Styles gefragt wird, was er an dem Film schätze. Worauf er mit extra sonorer, bedeutungsschwangerer Stimme die leerste Worthülse des Jahres abliefert: »It’s that it feels like a movie, you know. Like it feels like a go to the theatre film movie.« Noch schöner sind nur die Kommentare zu Chris Pines kontemplativ-konsterniertem Gesichtsausdruck, der im Original-Video neben ihm sitzt.
Die Kritik, die Styles am meisten treffen dürfte: Seine Darbietung als Schauspieler, heißt es, sei schrecklich hölzern, sein vergeblich amerikanischer Akzent noch schlimmer als der von – Achtung, schwindelige Fallhöhe – Gal Gadot in Wonder Woman. Vor allem im Vergleich zur offenbar ziemlich brillanten Florence Pugh als Mit- oder Gegenspielerin; ganz wie man es nimmt. Überraschende Erkenntnis: Der Schauspieler Harry Styles ist in Wirklichkeit gar kein Schauspieler, sondern immer noch Popstar. Zumindest dieses Manko werden ihm alle anderen auch nur einseitig begabten Menschen schnell verzeihen.
Typischer Instagram-Kommentar: »Harry Styles kann mir jederzeit irgendwo hinspucken.«
Das sagt die Teenager-Tochter: »130 Euro für eine Love-on-Tour-Karte ist gar nicht so viel. Dein Ticket für Bruce Springstreen war viel teurer!«
Passender Song: »Fine line« (Harry Styles)