Ein Held aus Baumwolle

In der Serie »The Bear« übernimmt ein (attraktiver) Koch einen heruntergekommenen Sandwichladen. Eigentlicher Hauptdarsteller ist aber etwas anderes: sein weißes T-Shirt. Und das kommt aus Berlin.

Typ mit weißem Shirt

Foto: Matt Dinerstein/FX/Disney+/dpa

Wer die Serie »The Bear: King of The Kitchen« noch nicht kennt: Carmen »Carmy« Berzatto hat als Koch in einem New Yorker Sterne-Restaurant Karriere gemacht. Als sein Bruder stirbt, kehrt er in seine Heimatstadt Chicago zurück und übernimmt dessen heruntergekommenen Sandwichladen. Das sorgt für viel »Beef« in der Küche: Saftiger Pfannenporno, garniert mit gefühlt 680 »Fuck You's« in den ersten acht Folgen. In den USA lief die Serie bereits im Juli an und bekam begeisterte Kritiken, seit Oktober ist »The Bear« auch in Deutschland auf Disney Plus zu sehen. 

Fast genauso interessant ist aber der Plot, der sich parallel dazu an den Schauplätzen Soziale Medien und Berlin abspielt. Die ersten Fans der Serie sahen nämlich nicht nur den sexy Koch mit seinen Corgi-Hundeaugen und den verwuschelten Haaren, sie sahen auch das weiße T-Shirt, das er fast die ganze Zeit trägt. Perfekte Bündchenweite an den muskulösen Oberarmen, gerollter Rundhalsausschnitt, offensichtlich gute Stoffqualität – geht ja schließlich ans Eingemachte in der Küche. Außerdem tauscht Carmy in der ersten Folge – Geld hat er keines – seine Vintage Jeans von 1944 gegen Rindfleisch. Der Mann versteht also offensichtlich etwas von Klamotten. Auf Reddit wurde daraufhin eifrig diskutiert, von welcher Marke das T-Shirt stammen könnte, Nutzer untersuchten mikroskopisch Ärmelsaum, Schnitt und Nähte nach Spuren. 

Klingt ein bisschen nerdig, aber das perfekte weiße T-Shirt zu finden, gehört, gerade für Männer, zu den großen modischen Herausforderungen des Lebens. Denn so ergreifend schlicht das bei James Dean, Marlon Brando oder Tom Cruise in Top Gun aussah, so schwer ist es oft in der blanken Realität: Entweder verdreht sich die Seitennaht, der Stoff scheint durch, irgendwie ist das Bündchen am Hals nicht richtig. Dran vorbei kommt man aber auch nicht, weil, O-Ton Giorgio Armani: »Ein weißes T-Shirt formt den Busen einer Frau oder die Brust eines Mannes auf begehrenswerte Art, ohne vulgär zu werden.« Wer will da schon widersprechen?

Ende Juli schließlich verkündete das New York Magazine: »Wir haben das weiße T-Shirt aus ›The Bear‹ gefunden!« Die Auflösung ist, tadaaaaa: die deutsche Marke Merz b. Schwanen. Die Stylistin der Serie hatte das Geheimnis selbst gelüftet, ein Screenshot der Meldung ging sofort viral – und bei der Marke in Berlin wurde quasi über Nacht der Online-Shop leer geräumt. Dabei wusste man dort noch gar nicht, was auf der anderen Seite des Atlantiks los war. Die Stylistin hatte das T-Shirt nicht, wie sonst üblich, bei ihnen angefragt. Sie war einfach in einen guten Laden für Herrenbekleidung namens Self Edge gegangen, hatte sich beraten lassen, welches Modell besonders hochwertig und kernig wäre, und dann den gesamten Bestand aufgekauft.

Dabei ist die Traditionsfirma von 1911, die vor elf Jahren wiederbelebt und modernisiert wurde, Filmauftritte durchaus gewohnt. Peaky Blinders, Babylon Berlin, Aquaman – wann immer es um »traditionell gewirkte Maschenware« aka gute Basics geht, ruft man in Berlin an. »Aber so etwas wie bei ›The Bear‹ haben wir noch nicht erlebt«, heißt es bei Merz b. Schwanen. Bis heute kommen sie mit der Produktion kaum hinterher. Ständig ist das »215er« wieder ausverkauft.

Den größten Unterschied würden die 100 Jahre alten Maschinen machen, sagt die Berliner Marke. Die T-Shirts würden auf sogenannten Rundwirkmaschinen hergestellt werden, der Stoff werde gleich als Schlauch gefertigt und fließe unten aus der Maschine. Heißt: keine Seitennähte, die sich verziehen können. Weil die Maschinen in Süddeutschland stehen und es nicht mehr viele Originale gibt, dauert der Nachschub auch entsprechend lang.

Klar, was die Belegschaft in Berlin jetzt macht: Alle Folgen »The Bear« im Corporate Viewing gucken.

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