Die Virus-Angst reist mit

Erste Züge wurden bereits wegen Corona-Verdachts gestoppt. Wie sinnvoll ist das? Und was plant die Bahn für den Ernstfall?

Illustration; Nishant Choksi

Mein Schwiegervater reist gerade lieber mit dem Auto, als mit der Bahn – wegen des Coronavirus. Zu Recht? Immerhin gibt es im Rheinland, wo er lebt, einige Fälle und der gerade zu Ende gegangene Karneval lässt befürchten, dass es demnächst noch einige mehr werden, weil sich viele Menschen bei den Sitzungen und Feierlichkeiten angesteckt haben könnten. Dann kam am Aschermittwoch die Meldung, ein Regional-Express von Frankfurt nach Saarbrücken, betrieben vom Unternehmen Vlexx, sei gestoppt worden, weil ein »Fahrgast an sich Symptome festgestellt hatte«.

Zuerst musste ich schmunzeln: Die Infektion mit Covid-19 äußert sich als Atemwegserkrankung, die Symptome sind erstmal genauso wie bei einer Erkältung oder Grippe. Hatte der Mann im Zug einmal gehustet, an sich eine schwere Männer-Corona diagnostiziert und sofort die Notbremse gezogen? Nein, so war es dann doch nicht. Der Mann war gerade aus Apulien zurückgekehrt – einer Region in Süditalien, aus der bis dahin noch keine Corona-Fälle gemeldet worden waren – und hatte sich danach bei einer Hotline informiert, wo man wiederum entschied, den Großeinsatz von Polizei, Ärzten und Sanitätern einzuleiten. Der Patient hatte also vieles richtig gemacht und sogar zum Schutz seiner Mitreisenden einen Mundschutz getragen. Inzwischen hat sich übrigens gezeigt, dass er nicht mit Covid-19 infiziert war.

Sollten Züge gestoppt werden, weil Reisende eine Atemwegserkrankung oder Fieber haben?

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Ähnliches war ein paar Tage zuvor bei einem Eurocity von Venedig nach München geschehen. Und am Samstag wurde in Hagen ein Zug des Unternehmens National Express evakuiert, weil ein Mann Erkältungssymptome zeigte; wohl ebenfalls ein Fehlalarm. Aber ist das sinnvoll? Sollten wirklich Züge gestoppt werden, weil Reisende eine Atemwegserkrankung oder Fieber haben? Um sicher eine Infektion mit Covid-19 zu diagnostizieren, ist ein molekularbiologischer Test erforderlich. Es erscheint also eher abwegig, dass Zugbegleiter dies mal eben neben der Fahrkartenkontrolle erledigen können.

Klar, es wäre besser für alle Mitreisenden und für die Erkrankten selbst, wenn sie zuhause im Bett blieben. Besonders jetzt sollte sich jeder mit Atemwegsinfektion fragen, ob er wirklich mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisen muss und so möglicherweise Angst bei Mitreisenden auslöst. Aber es lässt sich leider nicht verhindern, dass Menschen mit Infektionen Züge besteigen. Außerdem verläuft die Corona-Infektion ja oft sogar ohne Symptome.

Die Bahn hat am Donnerstag ihre Pläne konkretisiert: »Bei einem von Behörden festgestellten Corona-Verdacht wird der betroffene Bereich im Zug gesperrt und nach der Fahrt professionell gereinigt und desinfiziert. Die Fahrgäste werden durch das Zugpersonal informiert, dass sie ihre Kontaktdaten hinterlegen sollen, um von den Behörden im Bedarfsfall kontaktiert werden zu können. Derzeit gibt es keine Einschränkungen im Bahnverkehr.« Die Bundespolizei hat die verschiedenen Streckenbetreiber zudem angewiesen, dass in allen Zügen Aussteigekarten auszufüllen sind, falls Corona-Verdachtsfälle festgestellt wurden. »Die Bahnunternehmen wurden verpflichtet, Passagiere mit Symptomen einer Coronavirus-Erkrankung den Behörden zu melden.«

Ob man reisen will im Moment, muss jeder selbst entscheiden. Laut Bahn liegen jedenfalls keine Informationen darüber vor, dass Menschen in Massen auf ihre Reise verzichten, die Fährgäste verhielten sich sehr besonnen. Und dann gab die Bahn Ende der Woche übrigens noch eine gute Meldung bekannt: Zugtickets in die betroffenen Gebiete in Italien oder zu Veranstaltungen, die wegen Corona ausfallen (Messen, Konzerte, Sport-Events oder ähnliches), können zurückgegeben werden. Die Kosten werden den verhinderten Passagieren erstattet.