Ihre Bedenken kann ich sehr gut nachvollziehen. Natürlich hilft jede Stunde sozialer Arbeit, ein wenig Not zu lindern, und das Engagement vieler Bürger lässt sich gar nicht genug schätzen. Dennoch würde ich es hier mit Kant und seiner berühmten Definition halten wollen, wonach nur eines als gut angesehen werden kann: ein guter Wille. Einer Aktion allein zur Imagepflege oder Personalentwicklung fehlt es jedoch an gutem Willen, außer dem fürs eigene Wohl; die Hilfsbedürftigen werden sogar für diese Zwecke instrumentalisiert.
Besonders schwierig wird es dann, wenn das Ganze nur ein schlechtes Image ausbeulen soll. Getreu dem Motto: Mit der einen Hand Suppe ausschenken und in die Kamera lächeln, während man mit der anderen Mitarbeiter auf die Straße setzt oder Altöl in den Gully kippt. Wenn ich solchen Aktivitäten dennoch etwas abgewinnen kann, liegt es daran, dass sie trotz aller Fragwürdigkeiten geeignet sind, einer der Hauptbedrohungen unserer Gesellschaft entgegenzuwirken: dem Auseinanderbrechen. Gut bezahlte Mitarbeiter und Führungskräfte können bei sozialen Arbeiten die Realität jenseits ihrer Cabriofenster kennenlernen: Sorgen und Nöte von Menschen, die sie sonst kaum treffen würden, deren Leben die Wirtschaft jedoch entscheidend mitgestaltet. Daneben bekommen diejenigen, denen geholfen wird, das Gefühl, als Mitbürger anerkannt und nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden.
Soweit es um diesen Aspekt geht, begrüße ich das Engagement der Firma und ihrer Mitarbeiter. Allerdings dürfen Schlagwörter wie »Corporate Social Responsibility« nicht lediglich als Feigenblätter dienen, sondern müssen wirklich das unternehmerische Handeln leiten. Denn auf die Dauer werden sich weder Wirtschaft noch Gesellschaft den Verzicht auf eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen Fragen leisten können.
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Dann schreiben Sie an Dr. Dr. Rainer Erlinger, SZ-Magazin, Rindermarkt 5, 80331 München oder an gewissensfrage@sz-magazin.de.
Illustration: Jens Bonnke