»Uns gehört eine Wohnung, die wir vermieten. Der Hausverwalter arbeitet hauptberuflich beim Finanzamt und nebenher für uns. Seine Mails an uns schreibt er trotzdem meist zu Dienstzeiten, sogar über seine dienstliche E-Mail-Adresse. Unserer Meinung nach schädigt er damit den öffentlichen Arbeitgeber, weil er ja bezahlte Arbeitszeit ›entwendet‹. Da wir obendrein unzufrieden mit ihm sind und Gespräche nichts nützen, wollen wir ihm eine kleine Lektion erteilen. Ihn bei seiner Behörde zu denunzieren ist kein guter Stil. Sollen wir es dennoch tun?« Fred J., Duisburg
Mit Ihren Grundannahmen haben Sie vollkommen recht: Wenn er während der Dienstzeit seine privaten Jobs erledigt, schädigt der nebenberufliche Verwalter den Staat und damit die Allgemeinheit. Und im Grunde ist das auch etwas, was sein Vorgesetzter erfahren sollte, damit es abgestellt und gegebenenfalls geahndet wird. Allerdings haben Anzeigen bei Vorgesetzten oder Behörden, so berechtigt sie manchmal sein mögen, im Zusammenleben auch etwas Problematisches. Vor allem dann, wenn noch andere Gründe als die angezeigten Verfehlungen – hier wohl Ihre Unzufriedenheit mit seiner Verwaltungsarbeit – ausschlaggebend für die Anzeige sind. Zudem übersehen Sie dabei einen wichtigen Punkt: Ihre eigene Rolle.
Als Miteigentümer sind Sie doch Auftraggeber des Verwalters, der es mit der Trennung von Haupt- und Nebenberuf offensichtlich nicht so genau nimmt. Da wäre es doch das Naheliegendste, zunächst in Ihrem eigenen Bereich zu handeln, bevor Sie sich an seinen Vorgesetzten wenden. Praktisch könnte das so aussehen, dass Sie das Problem in der nächsten Eigentümerversammlung zur Sprache bringen und mit genau dieser Begründung seine weitere Beauftragung ablehnen. Und zwar unabhängig davon, ob Sie aus anderen Gründen mit seinen Leistungen unzufrieden sind. Und auch dann, wenn er die Arbeit günstiger anbieten sollte als andere Verwalter.
In letzter Zeit ist viel von Zivilcourage die Rede. Darum geht es auch hier: durch persönlichen Einsatz einen erkannten Missstand abzustellen. Natürlich ist es nicht angenehm, den Verwalter vor versammelter Runde mit den Vorwürfen zu konfrontieren. Aber erstens kann er dann dazu Stellung nehmen und vielleicht manches klarstellen. Vor allem aber können zweitens die Eigentümer, nachdem sie beide Seiten gehört haben, die notwendigen Konsequenzen ziehen, sprich, dem Verwalter kündigen. Das aber halte ich, wenn der damit Konfrontierte die Vorwürfe nicht ausräumen kann, auch für notwendig, weil Sie sich sonst an seinem Missbrauch der Arbeitszeit beteiligen. Zudem hat dieses Vorgehen noch einen weiteren großen Vorteil: Es mag mühsamer sein, aber es ist direkt, offen und ehrlich.
Illustration: Marc Herold