Manfred Stiefel ist in Bayern und Baden-Württemberg als Brotprüfer für das Deutsche Brotinstitut tätig:
»Dunkles Brot ist nicht grundsätzlich gesünder als helles. Was allerdings zutrifft: Vollkornbrot ist gesünder als Brot aus Auszugsmehl. Es enthält durch die Verarbeitung des ganzen Korns viele Ballaststoffe aus der äußeren Schale. Zusätzlich liefert der Keimling wichtige Fettsäuren, Mineralstoffe und Vitamine. Aufgrund der schwer verdaulichen Ballaststoffe benötigt der Körper mehr Zeit, um das Brot zu verarbeiten, wodurch das Sättigungsgefühl nach dem Verzehr von Vollkornbrot länger anhält. Bei der Herstellung von Auszugsmehl wird dagegen nur das Innere des Korns verarbeitet, wodurch einige der Ballaststoffe verloren gehen und man schneller wieder Hunger hat. Als dunkles Brot werden Roggenvollkornbrot und Brote mit einem hohen Roggenanteil bezeichnet. Roggenbrot kann sowohl mit Vollkornmehl als auch mit Auszugsmehl hergestellt werden und deshalb mal mehr, mal weniger nahrhaft sein. Genauso existiert Vollkornmehl aus Weizen, das zwar heller, aber dadurch nicht weniger gesund als Vollkornbrot aus dunklerem Mehl ist.
Weißbrot hat dennoch zu Unrecht einen schlechten Ruf. Es stimmt zwar, dass es weniger Ballaststoffe als Vollkornbrot enthält und unser Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr schneller sinkt. Gesundheitsschädlich oder Ursache für Krankheiten ist es aber deshalb nicht. Ausgewogenheit ist wie in den meisten Ernährungsfragen hier der Schlüssel. Vollständig auf Weißmehl-Produkte zu verzichten, ist nicht nötig. Wer Antipasti mit einem Ciabattabrot, einen guten Käse mit einem Baguette oder auch einfach ein Toastbrot mit Marmelade genießen möchte, sollte dies auf jeden Fall tun.
Das Wichtigste ist, dass Verbraucher volle Transparenz über die Zutaten des Brotes erhalten. Nur Brot, das zu mindestens 90 Prozent aus Vollkornmehl besteht, darf laut der Leitlinien im Deutschen Lebensmittelbuch auch den Namen Vollkornbrot tragen. In Supermärkten begegnen uns deshalb häufig industriell hergestellte Brote, die Bezeichnungen wie ‘Vitalbrot’ oder ‘Körnerbrot’ tragen. Wenn neben dem Fantasienamen dann auch noch mit einem fitten Sportler auf der Verpackung geworben wird, sind viele Verbraucher der Überzeugung, dass sie ein besonders gesundes Produkt vor sich haben. Teilweise wird ihnen Malz oder Zuckerrübensirup zugesetzt, das sie dunkler macht. Zusätzlicher Zucker führt erwartungsgemäß zu einem weniger gesunden Endprodukt, Malz dagegen ist eine natürliche und nährstoffreiche Zutat. Ob Hersteller dies tun, um das Brot gesünder wirken zu lassen, darüber lässt sich nur spekulieren. Denn beide Zutaten verleihen Backwaren nicht nur eine dunklere Farbe, sondern auch eine besondere karamellige und malzige Note. Deshalb sind sie beispielsweise auch eine unentbehrliche geschmackliche Komponente der Vollkorn-Klassiker Rheinisches Schwarzbrot und Westfälisches Pumpernickel.«