Anja Schwengel-Exner ist Lebensmittel-Fachberaterin bei der Verbraucherzentrale Bayern:
»Dass man nach dem Kirschenessen kein Wasser trinken darf, ist ein Mythos, an dem heute zum Glück nichts mehr dran ist. Die Warnung stammt aus Zeiten, in denen die Trinkwasserqualität schlecht war. Heute ist das Leitungswasser zumindest hierzulande so sauber, dass man nach dem Kirschenessen problemlos Wasser trinken kann.
Wenn Sie danach trotzdem ein ungutes Gefühl im Bauch haben, dürfte es nicht am Wasser liegen, sondern daran, dass Sie zu viele Kirschen gegessen haben. Kirschen enthalten recht viel Fruchtzucker. Der kann, wenn er in großen Mengen gegessen wird, bei empfindlichen Menschen zu Durchfall führen. Da wir Kirschen in der Regel nur im Sommer und relativ selten essen, können viele kaum widerstehen, wenn Sie ein halbes Kilo des süß-säuerlichen Obstes vor sich stehen haben. Eine gut verdaubare Portion Kirschen passt in die eigenen, zur Schale geformten Hände.
Auch andere Getränke wie Mineralwasser, kohlensäurehaltige Getränke, Kaffee oder Tee führen in der Regel nicht zu gesundheitlichen Beschwerden, wenn sie nach dem Kirschenessen getrunken werden. Ist allerdings sehr viel Kohlensäure im Getränk enthalten, kann es je nach individueller Empfindlichkeit zu leichtem bis starkem Aufstoßen kommen. Das hängt aber nicht mit den zuvor gegessenen Kirschen, sondern mit der im Getränk enthaltenen Kohlensäure zusammen. Je nach Menge der verzehrten Kirschen und der Getränke kann es nach dem Genuss zu einem Völlegefühl kommen. Ein Gärprozess kann aber nur entstehen, wenn den Kirschen noch Hefen und Bakterien anhaften und nicht einwandfreies Wasser oder andere nicht mehr genusstaugliche Getränke hinzukommen. Die Kirschen vor dem Essen deshalb gründlich waschen.
Im Gegensatz zu anderem Obst reifen Kirschen nach dem Pflücken nicht nach. Achten Sie beim Einkauf deshalb darauf, dass die Kirschen eine einheitliche Farbe haben. Kleine gelbliche Stellen können ein Hinweis sein, dass sie nicht ganz ausgereift sind, was ebenfalls für Bauchweh sorgen kann. Außerdem sollten Sie möglichst nicht aufgeplatzt sein, wozu es bei Regen manchmal kommt. An verschorften Stellen können sich Bakterien leichter festsetzen.«