Muss schlechter Service bestraft werden?

Unsere Leserin musste im Schnellrestaurant ewig auf ihr Essen warten. Selbst Kunden, die nach ihr kamen wurden vor ihr bedient. Schließlich ging sie vor lauter Wut, ohne zu bezahlen. Ist das Diebstahl?

Illustration: Serge Bloch

»Letzte Woche habe ich in meiner Mittagspause in einem Schnellrestaurant ein Sandwich bestellt. Der Laden war so voll, dass ich erst nach über einer halben Stunde mein Essen bekam. Alle anderen, auch die hinter mir, kamen vor mir dran. Dies führte dazu, dass ich sehr sauer wurde. Als sie dann vergaßen, dass ich noch nicht gezahlt hatte, verließ ich den Imbiss, ohne sie darauf aufmerksam zu machen. War es gerechtfertigt von mir, die verlorene Zeit so zu rächen, oder war es Diebstahl?«
Leonie A., Köln

»Dies führte dazu, dass ich sehr sauer wurde«: Diese trockene Feststellung ist mein Lieblingssatz aus Ihrer Frage, die mir überhaupt sehr gut gefällt. Man kann sich das alles so gut vorstellen. Wie Sie da sitzen, eh schon leicht gehetzt, deshalb ja Schnellrestaurant, ­­aber mit einer appetitlichen Vorfreude auf das knackige Sandwich, in das Sie gleich beißen werden. Und wie diese schöne Stimmung allmählich Enttäuschung weicht und sich, spätestens als Sie sehen, dass Leute, die ganz sicher erst nach Ihnen dran waren, ihr Essen bekommen, in ­etwas Hartes, Bitteres verwandelt, bis da nur noch eine Stinkwut ist auf alles und alle, vor allem aber auf diese himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass man ­Ihnen Ihre Zeit stiehlt in diesem entsetz­lichen Laden, in den Sie nie wieder im Leben einen Fuß usw.

Sie wissen natürlich selbst, dass Sie zu ­Unrecht gegangen sind, ohne zu zahlen. Sie haben Ihr Sandwich ja, wenn auch spät, bekommen. Und die wollten Sie auch bestimmt nicht absichtlich quälen, weil sie Sie – und nur Sie – wahnsinnig hassen, es wird ein Versehen gewesen sein. Wer weiß, am Ende hätte man Ihnen Ihr Sandwich geschenkt, wenn Sie sich freundlich beschwert hätten?

Meistgelesen diese Woche:

Mein Vorschlag: Gehen Sie hin und sagen, Sie hätten versehentlich neulich ein Sandwich nicht bezahlt und würden dies gern nachholen. Entweder sind Sie damit für 5,75 Euro, oder was auch immer so ein Schnellsandwich kostet, Ihr schlechtes Gewissen los. Oder die wissen nicht, wie sie das noch bonieren sollen, und schenken Ihnen das Sandwich nachträglich. Wahrscheinlich freuen sie sich, und das freut einen dann ja selber. Wäre ja mit ­etwas Augenzudrücken fast so was wie eine gute Tat. Sie werden sich damit auf jeden Fall besser fühlen als mit der Variante, sich auf Teufel komm raus einzureden, Sie seien im Recht.