Blüttransfusion

Ringelblumen oder Stiefmütterchen mögen auf Tellern schön aussehen, geschmacklich sind sie streitbar. Doch dies im angesagten Restaurant zugeben? Unser Autor hat eine bessere Idee.

Gute Gesellschaft: Handtasche »Boxyz« von Salvatore Ferragamo.

Foto: Allyssa Heuze

Seit einiger Zeit heißen urbane Wirtshäuser nicht mehr Wirtshäuser, sondern zum Beispiel »Eatery«. Wenn sich ­etwas Eatery nennt, kann man davon ausgehen, dass die Speisekarte auf Klemmbrettern gereicht wird, dass man nicht auf Stühlen, sondern auf Hockern sitzt und dass auf Kreidetafeln steht, man könne für einen zweistelligen Betrag ein Glas hausgemachte Limonade erwerben. Auf den Tellern sind gern Blüten und Blütenblätter verstreut. Das sieht schön aus, hat aber oft nichts mit der geschmacklichen Abrundung zu tun. Nein, man soll das fotografieren, und ja, man kann die Blüten auch essen.

Der aufgeklärte Stadtbewohner weiß das und wird nicht müde, es zögerlichen Umsitzenden zu erklären. Trotzdem bleiben Ringelblumen und Stiefmütterchen meistens auf dem Teller zurück. Irgendwie spürt man ja doch so eine kleinbürgerliche Beißhemmung. Das kann man aber nicht zugeben, wäre ja unmodern. Routinierte Urbanisten lassen die Blüten deshalb heimlich in extra mitgeführten Handtaschen verschwinden.