»Es gibt in Zeiten der Angst eine große Bereitschaft zum Gehorsam«

Daniel Kehlmann, der erfolgreichste deutschsprachige Schriftsteller der Gegenwart, vertraut der Wissenschaft. Im Interview erklärt er, warum ihn in der Corona-Krise dennoch vor allem die Einschränkungen von Freiheitsrechten besorgen. Und was die Beamten des Robert-Koch-Instituts zu einem »Schreckgespenst« macht.

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Das Jahr 2020 begann gut für Daniel Kehlmann. Sein Roman »Tyll« erschien in den USA und wurde gefeiert. Und: Er wurde für den britischen Booker Prize nominiert. Kehlmann, 44, der mit seiner Familie in New York lebt, war auf dem nächsten Höhepunkt seiner an Höhepunkten reichen Schriftsteller-Karriere angelangt – als Corona die Welt zum Stillstand brachte. Nun tut er in dieser Zeit des Kontrollverlustes das, was er am besten beherrscht: schreiben. Auch über das Leben mit dem Virus. Kehlmanns »Corona-Dialoge«, noch unveröffentlicht, beschreiben die Grotesken des Lockdowns. In einer sehr lustigen Szene wird der fiktive Schriftsteller Klaus-Werner Wenken-Henrichs von einem Journalisten von Computer zu Computer interviewt. Der gelangweilte Fragensteller – wie man später erfährt, wurde er wegen Corona gerade entlassen – will eigentlich nur fünf Buchtitel einsammeln, für eine Liste, was man »jetzt lesen soll«. Wenken-Henrichs, der seinen Sohn ständig aus dem Bild scheuchen muss, will jedoch lieber wortreich ausführen, dass er als Schriftsteller die Corona-Pause dafür nutze, sich die großen Fragen des Lebens zu stellen. Computer-Anruf bei Daniel Kehlmann, es ist 10 Uhr früh seiner Zeit.