Name: Elisa D'Ippolito
Geboren: 1984 in Norditalien
Wohnort: Berlin, Deutschalnd
Ausbildung: Istituto Superiore di Fotografia e Comunicazione Integrata, Rom
Website: http://www.elisadippolito.com/
Das Blau des Himmels spiegelt sich im Zeller See, umrahmt von grünen Wiesen, Wäldern und Berghängen. Auf dem Gipfel der Hohen Tauern liegt noch etwas Schnee. So muss das Paradies aussehen. Zumindest in den Augen des Emirs von Abu Dhabi, in dessen Heimat die Temperaturen während der Sommermonate auf bis zu 50 Grad ansteigen.
Seit den späten Sechzigerjahren ist das österreichische Zell am See ein beliebtes Urlaubsziel bei Arabern. Im letzten Jahrzehnt erfuhr »Sillamsi« einen erneuten Boom. Im Sommer 2017 machen die arabischen Länder ein Drittel aller Übernachtungen aus – gleichauf mit den Touristen aus Deutschland. Der Unterschied ist vor allem auch ein wirtschaftlicher: Die arabischen Gäste geben doppelt so viel Geld aus wie die Deutschen, nämlich rund 250 Euro am Tag.
Also passt Zell am See sich an: arabische Beschilderungen, Halal-Essen in Restaurants, eigene Friseure für Muslimas. Im Gegenzug forderte das Tourismusamt die Gäste in einer eigens erstellten Broschüre zur Mülltrennung und Einhaltung der Verkehrsregeln auf. Außerdem wird farbenfrohe, moderne Kleidung empfohlen und drauf hingewiesen, dass es in Österreich nicht üblich sei, auf dem Boden zu essen oder Preise zu verhandeln.
Die Broschüre mit dem Titel Where culture meets sorgte für mediales Aufsehen und wurde als Beleidigung aufgenommen. Hinzu kommt das 2017 in Österreich verabschiedete »Burkaverbot«, das den Frauen die Gesichtsverschleierung verbietet.
SZ-Magazin: Wie ist »AlpenHimmel« entstanden?
Elisa D’Ippolito: 2016 hatte ich die Chance, Freunde in Österreich zu besuchen. Die arabischen Touristen in Zell am See haben mich sofort fasziniert. Sie sind nicht nur eine optische Attraktion. Die Offenheit, mit denen Zell am See den arabischen Gästen begegnet, steht für mich persönlich in einem starken Kontrast zu den negativen Bildern der Flüchtlingskrise 2015. Nur weil die Touristen Geld in die Gemeindekassen bringen, werden sie anders behandelt.
Es gibt sogar einige Fernsehbeiträge über die Touristen aus der Golfregion. Meistens waren die Frauen sehr schüchtern und wollten sich nicht vor der Kamera zeigen. Auf Ihren Bildern wirken sie so entspannt und natürlich! Wie haben Sie das gemacht?
Das war tatsächlich ziemlich schwierig. Man muss die Personen selbstverständlich um Erlaubnis fragen, bevor man sie fotografiert. Das nimmt dem Bild aber seine Spontanität. Ich war knapp zwei Monate lang in Zell am See und habe viel fotografiert, viele Bilder sind am Ende aber nicht herausgekommen. Es wurde ein eher kleines Projekt.
»Wenn Mallocra das 17. Bundesland ist, dann ist Zell am See der Vorort von Dubai«, hat der Spiegel geschrieben. Wie haben Sie das erlebt? Fühlt sich Zell am See noch nach Österreich an?
Ja, natürlich. Die Berge, die Seen, die Schnitzel überall – so etwas ändert sich doch nicht, nur weil andere Leute dazukommen. Wir leben in einer globalisierten Welt, da sollte es ganz normal sein, auch anderen Kulturen zu begegnen.
Konnten Sie in Zell am See irgendwelche Formen von Rassismus beobachten?
Nein. Ein kulturelles Aufeinandertreffen, ja, aber nichts Extremes. Die Anwohner, die nicht in der Gastronomie oder im Tourismus tätig sind, haben sich zum Beispiel über die Fahrweise der arabischen Gäste beschwert. Und die Vollverschleierung ist ihnen auch suspekt. Ich konnte aber keine offensichtlichen Konflikte beobachten.
Gibt es etwas Besonderes am Verhalten der arabischen Touristen?
Vielleicht, dass sie anders auf die österreichische Natur reagiert haben, als die anderen Touristen. Sie waren ganz aufgeregt! Wie sie den Schnee angeschaut haben, hatte fast schon etwas Kindliches, so voller Begeisterung. Das hat mich sehr gefreut. Wir haben uns angewöhnt, die Welt auf eine ganz abgestumpfte Art und Weise zu betrachten. Als hätten wir schon alles gesehen.
Was ist Ihr persönlicher Himmel, Ihr Paradies?
Ich bin nicht katholisch und habe keine genaue Vorstellung von einem Himmel oder Paradies. Ich habe aber mit vielen Leuten darüber gesprochen, und viele waren beeindruckt, wie sehr sich die Beschreibung des Paradieses im Koran und die österreichische Geografie ähneln. Wenn ich an das Paradies denke, denke ich nicht an einen Ort. Eigentlich eher an einen Zustand des Friedens zwischen allen Menschen. Wahrscheinlich bin ich durch Dantes Beschreibungen des Paradieses vorbelastet, die Divina Commedia hat mich zu Tode gelangweilt.